In den Nord-Stream-Pipelines klaffen riesige Lecks - doch durch eine verbliebene Röhre könne man Gas nach Europa schicken, behauptet Russlands Präsident. Zugleich wettert er gegen Pläne der EU.
President Putin
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In mehreren Strängen der Nord-Stream-Ostseepipelines klaffen große Löcher. Trotzdem könnte Russland über eine noch funktionsfähige Röhre Gas nach Europa schicken - das behauptet jedenfalls der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Auftritt in Moskau. »Man muss nur den Hahn aufdrehen«, sagte Putin auf der russischen Energiewoche. Eine Röhre von Nord Stream 2 sei wohl nicht so beschädigt worden, dass sie nicht mehr genutzt werden könne, sagte er.

An den beiden Röhren von Nord Stream 1 und einer Röhre von Nord Stream 2 in der Ostsee waren nach Explosionen Ende September schwere Beschädigungen entdeckt worden. Bisherigen Erkenntnissen zufolge hatten sich mindestens zwei Detonationen ereignet, die zu vier Lecks führten. Unter anderem die EU, die Nato sowie Sicherheitskreise hatten schon unmittelbar darauf von Sabotage als Ursache gesprochen.

Putin sprach von einem internationalen Terroranschlag gegen die Pipelines. »Es gibt keinen Zweifel, das ist ein Akt internationalen Terrorismus, ein zutiefst gefährlicher Präzedenzfall«, sagte er. Ziel sei es, die Beziehungen zwischen der EU und Russland endgültig zu zerreißen und Europa zu schwächen. Als mutmaßliche Profiteure der Sabotage bezeichnete Putin unter anderem die USA. Bereits zuvor hatte der Kremlchef den Westen für die Lecks verantwortlich gemacht. Schon in der vergangenen Woche hatte Russland Gaslieferungen über die verschonte Nord-Stream-2-Röhre angeboten.


Kommentar: Putin macht hier erneut ein Angebot für Europa und dessen wirtschaftliche Stabilität.


Das Land hatte Anfang September die Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 mit dem Verweis auf technische Probleme eingestellt, die angeblich wegen der Sanktionen nicht zu beheben seien. Die fertig gestellte, aber nicht zertifizierte und nie in Betrieb genommene Leitung Nord Stream 2 liegt wegen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine auf Eis. Russland drängt seit Monaten auf die Inbetriebnahme.

Drohung mit Lieferstopp

Mit Blick auf den europäischen Energiepreisdeckel drohte Putin zudem mit einem Lieferstopp von Energieressourcen. »Russland wird nicht gegen den gesunden Menschenverstand handeln und für das Wohlergehen anderer bezahlen«, sagte er. »Wir werden keine Energieressourcen an Länder liefern, die ihre Preise begrenzen.«


Kommentar: Vertrag ist Vertrag und Europa hat schließlich Russland sanktioniert und nicht umgekehrt.


Die EU hatte in der vergangenen Woche angesichts von Putins seit mehr als siebeneinhalb Monaten andauerndem Krieg gegen die Ukraine formal weitere Russlandsanktionen beschlossen, darunter einen Ölpreisdeckel. Moskau reagierte bereits da mit Drohungen, die eigenen Ölexporte umzuleiten. Putin warnte nun zudem, durch eine solche Preisbremse werde sich das Investitionsklima weltweit verschlechtern.

mic/dpa