Vor allem ganz im Norden und im Süden des Landes sind die Menschen mit ihrem Leben zufrieden. Insgesamt waren die Deutschen noch nie so glücklich wie heute.
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© Infografik Welt OnlineWo sind die Deutschen am glücklichsten? Laut Karte am nördlichen und südlichen Rand der Republik. Im Osten sieht es weniger gut aus

Die Hamburger sind zu beneiden. Die Hanseaten sind deutschlandweit die glücklichsten Menschen - und sie haben auch allen Grund dazu.

Denn Hamburg steht bei den wichtigsten Faktoren, die die Lebenszufriedenheit beeinflussen, ganz weit oben, wie der „Glücksatlas Deutschland 2011“ zeigt, den die Deutsche Post in Berlin präsentiert hat. „Gesundheit, Geselligkeit, Geld und Genetik - diese vier G sind entscheidend für das Glück“, sagte der Wirtschaftsforscher Bernd Raffelhüschen, der gemeinsam mit der Chefin des Instituts für Demoskopie Allenbach, Renate Köcher, die Studie erstellt hat.

Hamburgs Bürger erfreuen sich überdurchschnittlicher Gesundheit, sind selten ohne Partner und Freunde, haben deutschlandweit die höchsten Einkommen und eine angeborene Mentalität, ein Glas eher als halb voll denn als halb leer zu sehen.

In Deutschland ist das Glück vor allem ganz im Norden und im Süden zu Hause. An der niedersächsischen Nordsee, in Bayern, Franken oder Schleswig-Holstein sind die Menschen mit ihrem Leben deutlich zufriedener, als dies in Hessen oder Nordrhein-Westfalen der Fall ist.
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© Infografik Welt OnlineMit dem Alter sinkt die Lebenszufriedenheit

Osten am Ende des Glückrankings

Ganz am Ende des Glücks-Rankings stehen - nicht zuletzt aufgrund der noch immer niedrigeren Einkommen - Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.

Insgesamt schließt sich allerdings die Ost-West-Lücke allmählich, die zunächst nach der Vereinigung sehr groß gewesen ist. Und niemals in den vergangenen zwei Jahrzehnten waren die Ostdeutschen im Schnitt so zufrieden wie heute.

Auch in Gesamtdeutschland ist das Glücksempfinden so groß wie schon seit zehn Jahren nicht mehr. Auf einer Skala zwischen null (sehr unglücklich) und zehn (sehr glücklich) liegt der Durchschnittswert bei knapp sieben. „Deutschland ist also keineswegs ein Jammertal“, resümiert Raffelhüschen.

Allerdings hatte Westdeutschland Mitte der 80er-Jahre mit 7,5 noch über dem heutigen Niveau gelegen. Im internationalen Vergleich bewege sich das Land im oberen Drittel.

Euro-Krise lässt die Bürger unbeeindruckt

Euro-Krise und mögliche Rezessionsgefahr beeindrucken die Menschen bislang überhaupt nicht: Bei der subjektiv empfundenen Lebenszufriedenheit zeigt der Trend weiterhin nach oben. Auch die schwere Wirtschaftskrise 2008/2009 hat die Zufriedenheit der hiesigen Bevölkerung kaum beeinträchtigt, zumal es damals kaum Kündigungen gab.

Eine sehr gute Gesundheit ist von allen Einzelfaktoren der mit Abstand größte Glücksbringer. Es folgen Ehe und Partnerschaft. Häufige Treffen mit Freunden steigern gleichfalls die Zufriedenheit, gefolgt von regelmäßigem Sport und dem Eigenheim.

Einen großen Effekt hat zudem eine hohe Arbeitszufriedenheit. Die größten Glückshemmnisse sind eine schlechte Gesundheit, der Tod eines Partners und Arbeitslosigkeit. Auch soziale Isolation und Scheidung drücken die Stimmung.

Wie Raffelhüschen unterstrich, addierten sich die einzelnen Glücksfaktoren nicht einfach, sondern multiplizierten sich vielmehr. „Wenn nur eines der vier Gs null ist, etwa die Gesundheit oder das Geld, dann lässt sich das nicht durch gute Werte in anderen Feldern kompensieren, sondern zieht einen insgesamt ganz runter.“

Wer sich körperlich fit fühlt, ist zufrieden

Wer dagegen überall im Durchschnitt liege, sich aber beispielsweise körperlich sehr fit fühle, erziele insgesamt einen hohen Zufriedenheitswert, sagte der Forscher.

Die Glückskurve schwankt im Laufe eines Lebens. Am glücklichsten sind die Menschen in der Regel in den Zwanzigern, wenn die Verpflichtungen noch gering sind. Mit 30 geht es dann abwärts. Zwischen 40 und 60 Jahren, wenn die Belastungen im Beruf und in der Familie am größten sind, ist die subjektive Zufriedenheit im Schnitt am geringsten.

Im Rentneralter geht es den meisten dann wieder besser, bis allerdings die Glückskurve zum Lebensende hin deutlich absackt. Frauen sind die meiste Zeit glücklicher als Männer.

Erst im Alter kehrt sich das um - zumal viele Rentnerinnen aufgrund der längeren Lebenserwartung irgendwann Witwe werden.

Familienstand hat erheblichen Einfluss

Der Familienstand hat immer einen erheblichen Einfluss auf die individuelle Lebenszufriedenheit. Wer nach dem Tod seines Ehegatten einen neuen Partner findet, hat statistisch gesehen das größte Glücksempfinden.

Interessanterweise sind Ledige, die in fester Partnerschaft leben, zufriedener als Verheiratete. Singles und Geschiedene, die keinen neuen Partner gefunden haben, bilden die Schlusslichter.
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© Infografik Welt OnlineSo beeinflusst die Partnerschaft die Zufriedenheit

Im Gegensatz zum Familienstand haben Kinder keinen eindeutigen Einfluss auf das Glücksempfinden. Paare mit Kindern im Haushalt sind nicht nennenswert zufriedener als Kinderlose. Allerdings steigt laut Raffelhüschen die Zufriedenheit, wenn der Nachwuchs aus dem Haus ist und die Enkel kommen.

Ein enger Zusammenhang besteht zwischen Arbeitszufriedenheit und Glücksempfinden. Wer keinen Job hat, ist entsprechend unzufrieden. „Der wichtigste Faktor für eine hohe Arbeitszufriedenheit ist die Anerkennung“, betonte Allensbach-Chefin Köcher.

Doch in Deutschland fehlt es leider an einer Anerkennungskultur“, monierte die Meinungsforscherin. Dabei seien Lob und Förderung durch Vorgesetzte für die Zufriedenheit noch wichtiger als die materielle Anerkennung.

Arbeitsplatz spielt wichtige Rolle

Die Zufriedenheit hänge zudem vom Arbeitsinhalt ab. Auch die Sicherheit des Arbeitsplatzes spiele eine herausragende Rolle. Keine große Bedeutung habe es dagegen für das Gros der Arbeitnehmer, andere zu führen.

Lediglich Führungskräfte messen dem eine hohe Bedeutung bei. Wichtig ist dagegen für die meisten Beschäftigten ein netter Kollegenkreis.

Während die meisten Arbeitnehmer mit dem Arbeitsklima und ihren Aufgaben zufrieden sind, gibt es häufiger Klagen über Stress, über das Einkommen und mangelnde Aufstiegsmöglichkeiten. „Nur die Hälfte der Beschäftigten fühlt sich richtig belastet. Innerhalb der anderen Hälfte fühlen sich mehr Menschen über- als unterfordert“, sagte Köcher.

Ein Großteil der Beschäftigten arbeite mehr als die in der Regel als Idealarbeitszeit gewünschten 30 bis 40 Stunden pro Woche. Mit dem Wirtschaftsaufschwung der letzten beiden Jahre haben sich laut Köcher die Zukunftsperspektiven der Menschen deutlich aufgehellt.

Ein "statistischer Annäherungsversuch"

Dem Glücksatlas liegen die umfangreichen Datenreihen des Sozioökonomischen Panals zugrunde, die vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung seit 1984 erhoben werden. Darin wird auch nach der Lebenszufriedenheit gefragt.

Außerdem führte das Institut für Demoskopie für die Studie eine Umfrage durch. „Die Aussagekraft des Bruttoinlandsprodukts als einzigem Wohlstandsindikator wird in Wissenschaft und Politik zunehmend kritisch betrachtet“, sagte Post-Vorstand Jürgen Gerdes.

Zu dieser gesellschaftlichen Debatte habe man mit der Studie etwas beitragen wollen. Raffelhüschen bezeichnete den Glücksatlas als einen „statistischen Annäherungsversuch“ an etwas, was eigentlich gar nicht gemessen werden könne.

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© PA/DPAEinen neuen Ausblick auf das Hamburger Rathaus eröffnet die Besucherplattform im Mahnmal St. Nikolai. Der gläserner Panoramalift fährt die Gäste bis auf 75 Meter Höhe.