Elektronischer Neutrinodetektor
© operaweb.lngs.infn.itDer elektronische Neutrino-Detektor des OPERA-Experiments.

Genf/ Schweiz - Mit dem Experiment "OPERA", das einen Neutrinostrahl von "CERN 2" im italienischen Gran Sasso Laboratory vermisst, sind Wissenschaftler auf ungewöhnliche Daten gestoßen. Diese scheinen zu belegen, dass die vermessenen Neutrinos mit einer Geschwindigkeit reisen, die die Lichtgeschwindigkeit überschreitet, obwohl diese bislang eigentlich als maximales kosmisches Tempolimit galt.

Wie die CERN-Wissenschaftler berichten, überschreitet die gemessene Geschwindigkeit der Neutrinos die Lichtgeschwindigkeit um 20 Teile pro Million. Aufgrund der weitreichenden Konsequenzen, die diese Beobachtung haben könnte, haben sich die Wissenschaftler entschieden, ihre Ergebnisse vorab auf "arxiv.org" zu veröffentlichen und so allen Wissenschaftlern zur Verfügung zu stellen, bevor die Grenzüberschreitung anerkannt werden kann.

Mit Lichtgeschwindigkeit als kosmisches maximales Tempolimit widersprechen die OPERA-Daten einem der fundamentalen physikalischen Gesetze und würden erstmals einen Beweis für eine Abweichung von Einsteins Relativitätstheorie erbringen.

"Die Ergebnisse sind für uns eine absolute Überraschung", so Antonio Ereditato, dem OPERA-Sprecher von der Universität Bern. "Nach vielen Monaten, in welchen wir die Ergebnisse immer wieder hin und her gewälzt und überprüft haben, konnten wir keine Hinweise dafür finden, dass es sich um einen instrumentalen Effekt handelt."

Während die OPERA-Forscher weiterhin nach möglich rationalen Erklärungen für die Messergebnisse suchen, hoffen sie durch die Veröffentlichung der Daten zugleich, dass die Messungen durch unabhängige Experimente und Überprüfung der Daten bestätigt oder widerlegt werden können.

"Sollten diese Messergebnisse bestätigt werden", so der Forschungsdirektor des Europäischen Kernforschungszentrums (CERN), Sergio Bertolucci, "würde das unsere Vorstellungen von Physik grundsätzlich verändern. Zuvor benötigen wir jedoch unabhängige Bestätigungen und den Nachweis, dass es keine anderen, einfacheren Erklärungen für die Messungen gibt."

Die Messungen selbst sind das Ergebnis eines Experiments von Präzisionsmessungen des Abstands und der 'Flugzeit' der Neutrinos zwischen der Quelle der Neutrinos und dem Detektor. Hierbei wurde der Neutrinostrahl mit einer minimalen Ungenauigkeit von nur 20 Zentimetern über eine Gesamtstrecke von 730 Kilometern mit einer zeitlichen Genauigkeit von 10 Nanosekunden mit Hilfe von Atomuhren und GPS vermessen.

- Die Daten und der vollständige Artikel finden Sie hier.

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Quellen: grenzwissenschaft-aktuell.de / cern.ch