Nobitz. Das Massengrab im Leinawald bei Altenburg ist auch nach drei Tagen nicht komplett ausgehoben. Gebeine von 46 Toten aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges seien exhumiert worden, sagte am Mittwoch der Thüringer Landesgeschäftsführer des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Henrik Hug. „Wir haben es nicht geschafft, das Gelände komplett abzusuchen.“ Insgesamt waren bis zu 100 Tote an dieser Stelle vermutet worden.
Grabungsstätte,leinawald
© dpaIm Leinawald bei Nobitz nahe Altenburg trägt Joachim Kozlowski, Umbetter des Volksbunds Deutscher Kriegsgräberfürsorge, am Dienstag (20.9.2011) freigelegte Knochenreste aus einem Massengrab.

Der Großteil der Toten sei zwischen 20 und 30 Jahre alt gewesen, auch Knochen einer Frau seien gefunden worden. „Wir gehen davon aus, dass es vorwiegend sowjetische Strafgefangene waren, aber es sind auch Deutsche darunter“, sagte Hug. Zu diesem Schluss sei man nach Analysen der Zähne gekommen. Doch sei nicht festzustellen, ob die deutschen Opfer Soldaten waren.

In der Region hatte es zu Kriegszeiten ein Gefangenenlager gegeben. Bei den Ausgrabungen wurden auch Stammlagermarken gefunden - laut Hug ein eindeutiger Hinweis, dass es sich bei den Toten um solche Gefangene handelt, die wohl durch Hunger oder Krankheit starben. Hinweise auf äußere Gewalt wie etwa Einschusslöcher in den Knochen wurden nicht entdeckt.

Spekuliert wird, dass auch Opfer von „Säuberungsaktionen“ der Roten Armee nach Kriegsende im Leinawald verscharrt wurden. Außer dem nun zum Teil ausgehobenen Massengrab werden weitere solcher Gräber in dem Wald nahe der Grenze zu Sachsen vermutet.

Bei den Grabungen bereiteten die Bäume auf dem etwa 20 mal 20 Meter großen Gelände Probleme: Im Wurzelwerk werden weitere Menschenknochen vermutet. Dennoch haben die Experten ihre Arbeit am Mittwoch wie geplant beendet und die Löcher im Waldboden wieder mit Erde verfüllt. Nun müsse überlegt werden, ob noch einmal gegraben werde - allerdings frühestens im kommenden Jahr, erklärte Hug.

Die Knochen wurden Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft für weitere Untersuchungen übergeben. Ob das Rätsel um die Identität der Toten nach rund 70 Jahren geklärt werden kann, ist derzeit eher unwahrscheinlich. Ihre inzwischen stark verrotteten Gebeine sollen später in Altenburg oder Nobitz würdig bestattet werden.

Schon Mitte der 1990er-Jahre waren hier im Wald Gebeine von sechs Menschen entdeckt und nach Untersuchungen der Staatsanwaltschaft auf dem Altenburger Friedhof beigesetzt worden. Die jetzigen Grabungen kamen durch einen neuen Knochenfund im Frühjahr ins Rollen.

Im vergangenen Jahr hatte der Volksbund in Europa mehr als 46 000 Tote exhumiert und auf Friedhöfen beigesetzt, davon 219 Tote in Deutschland. Das Massengrab im Leinawald ist laut Hug das größte derartige Projekt des Volksbundes in diesem Jahr in Deutschland.

dpa