Eines der wichtigsten US-Denkmäler zerbröselt langsam: das Washington Monument. Der Obelisk wurde bei einem Erdbeben schwer beschädigt. Die Lage ist kritisch.
monument washington
© dapd/DAPD

Was nach Extremsport aussah, war in Wirklichkeit der Beginn einer spektakulären Inspektion des markantesten Wahrzeichens der US-Hauptstadt: Ingenieure seilten sich von der Spitze des 169,3 Meter hohen Washington Monument ab, um Schäden zu untersuchen, die ein Erdbeben an dem Marmorobelisk angerichtet hat.

Erstes Ergebnis: Das zwischen 1848 und 1884 errichtete Denkmal für den ersten Präsidenten der USA, George Washington, bleibt für unbestimmte Zeit geschlossen.

Ein Beben am 23. August mit einer Stärke von 5,8, dessen Epizentrum in Mineral im benachbarten Virginia geortet wurde, hat zahlreiche Stein- und Marmorsplitter von dem Monument gerüttelt, Risse in den Außenwänden verursacht und den Aufzug außer Funktion gesetzt.

Der schwerste Schaden ist an der pyramidenförmigen Spitze des Monuments entstanden. Dort bildeten sich Risse mit einer Breite von bis zu 3,2 Zentimetern. Als nach dem Erdbeben Hurrikan "Irene" über die Stadt wütete, seien zudem erhebliche Wassermengen in den Obelisken gelangt.

Bisher unbekanntes Video wurde freigegeben

Erstmalig wurde ein Videofilm freigegeben, der während des Erdbebens von einer Überwachungskamera an der Treppe aufgezeichnet wurde, die von der Besucherplattform herabführt. Die Bilder zeigen das plötzliche Wanken des einst höchsten Bauwerks der Welt, herunterfallende Steinsplitter und Besucher, die, teilweise in Panik, im Laufschritt die Stufen heruntereilen. Das Schwanken hält rund zwei Minuten an.

Niki Williams, die als Rangerin der Parkbehörde im Augenblick des Bebens am frühen Nachmittag auf dem Monument ihren Dienst versah, erzählt, sie habe zunächst an einen Terroranschlag gedacht.

Ihre erste Reaktion sei gewesen: „Renn’ runter!“ Dann aber sei sie sich bewusst geworden, dass sie die Verantwortung für die 20 Besucher auf der Plattform trug, so Williams zum Fernsehsender Fox News.

Niemand sei verletzt worden, aber eine Frau sei von einem Steinsplitter an der Hand getroffen worden. „Wenn jemand am Kopf erwischt worden wäre, hätte es ernsthafte Verletzungen geben können. Aber das ist Gott sei Dank nicht passiert“, sagte die Rangerin. Erst nach zwei oder drei Minuten habe sie von einem Kollegen über Funk erfahren, dass es sich nicht um eine Explosion oder einen Anschlag handelte.

Strukturell ist das Monument gesund

Bei dem Beben im August, das in weiten Teilen der Ostküste zu spüren war, gab es nur wenige leicht Verletzte und geringe Sachschäden. In Washington wurde neben dem Monument des Namensgebers der Stadt die National Cathedral in Mitleidenschaft gezogen, von deren Turmdach drei Zierpfeiler stürzten. Die Substanz des Gotteshauses blieb unversehrt.

Das gelte auch für das Washington Monument, versicherten die Behörden vor Beginn der eigentlichen Inspektion. „Die gute Nachricht: Das Monument ist strukturell gesund und wird deshalb bleiben“, sagte Bob Vogel, Superintendent der Museen und Gedenkparks der Hauptstadt.

Es sei aber noch zu früh, um festzulegen, wann das Denkmal wieder für Besucher freigegeben werde. Nach der peniblen Untersuchung des gesamten Gebäudes soll es in einer zweiten Phase „wetterfest“ gemacht werden, um das Eindringen von Regenwasser durch Spalten und Ritzen zu verhindern.

Das Washington Monument hatte 1884 den Kölner Dom (157,4 Meter) als höchstes Bauwerk der Welt abgelöst, wurde aber bereits 1889 vom Eiffelturm (300 Meter) deutlich übertroffen.

Während es an der Westküste der USA immer wieder zu schwereren Erdbeben kommt, ist die Statik im Osten wesentlich stabiler. Mit der Stärke 5,8 hatte die Erde vor dem August 2011 in Virginia und in Washington DC zuletzt im Mai 1897 geschwankt.