Ein Drittel der Deutschen stimmt dem Satz zu: „Ausländer kommen, um den Sozialstaat auszunutzen“. Erschreckend? Jeder von uns pflegt rechtsextreme Einstellungen, sagt Elmar Brähler. Am Dienstag stellte der Psychologe in Saarbrücken eine neue Studie vor.


Kommentar: Zu behaupten, dass jeder Mensch rechtsextreme Einstellungen pflegt ist abwegig und sieht nach einer Vernormalisierung von Pathologie aus.


Saarbrücken. Es sind Zahlen, die man kaum glaubt, so bedrückend sind sie: Jeder vierte SPD-Wähler hält die Bundesrepublik für überfremdet, mehr als jeder zehnte CDU-Wähler den Einfluss der Juden für zu groß. Rund 15 Prozent der Linken-Anhänger fordern mehr Mut zu einem starken Nationalgefühl und vier Prozent der Grünen-Wähler unterscheiden zwischen wertvollem und unwertem Leben. Fünf Prozent der liberalen (!) Wähler halten schließlich einen starken Führer für eine gute Lösung.

Was diese wahllos herausgegriffenen Zahlen der Studie „Die Mitte in der Krise. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2010“ über die Parteien sagen? Eher wenig. Sie halten vielmehr uns Bürgern den Spiegel vor. Man könne nicht so tun, als käme Rechtsextremismus nur an den Rändern vor, sagte der Leipziger Professor für Medizinische Psychologie, Elmar Brähler, bei Präsentation der von der Friedrich Ebert Stiftung in Auftrag gegebenen Studie am Dienstag im Saarbrücker Domicil Leidinger.

Die Studie basiert auf einem Fragebogen, den die Probanden im April 2010 ausfüllten. Sie zeigt in einigen Punkten einen leichten Anstieg im Vergleich zu 2008. Im Großen und Ganzen jedoch blieben die Zahlen in den vergangenen zehn Jahren auf ähnlichem Niveau.

Das erklärt, warum sich die Diskutanten - neben Brähler der Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz, Helmut Albert, und der SPD-Abgeordnete Magnus Jung - so schwer mit der Frage im Untertitel taten: „Finanzmarktturbulenzen, Wirtschaftskrise - ein Nährboden für Rechtsextremismus?“.

Albert wies auf einen Rückgang rechtsextremer Straftaten im Saarland hin, zeigte sich jedoch besorgt darüber, dass 60 Prozent der Täter zuvor nicht im Zusammenhang mit Rechtsextremismus in Erscheinung getreten waren, was zeige, wie sehr die Gesinnung in der Mitte verankert sei. Es blieb Magnus Jung vorbehalten, dem allgemeinen Lob für Aufklärungskampagnen einen wichtigen Gedanken entgegen zu halten: Prävention sei nicht alles, so Jung, sozio-ökonomische Verbesserungen die Basis für den Kampf gegen Rechts.

jkl