Die Verletzten in der belagerten Stadt können nicht mehr versorgt werden. Dennoch leisten Gaddafis letzte Getreue immer noch Widerstand.
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© ReutersDie Lage in Sirte ist katastrophal: Die vielen Verletzten können in den Krankenhäusern nicht mehr behandelt werden

Misrata/Kairo. In der umkämpften libyschen Stadt Sirte wird die humanitäre Lage für die Bevölkerung immer katastrophaler. „Ärzte erzählen uns, dass ihr Krankenhaus mit Verletzten überfüllt ist und dass sie sich nicht mehr um dringend notwendige Behandlungen von Kindern und Schwangeren kümmern können“, teilte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen am Dienstag mit.

Strom und Wasser fielen immer wieder aus. Außerdem fehlten Antibiotika, Schmerzmittel und Blutkonserven. „Falls das noch Tage oder gar Wochen so bleibt, dann werden wir eine dramatische Situation erleben“, sagte der Leiter des Nothilfeeinsatzes Mégo Terzian.

Sirte sowie die 150 Kilometer südlich von Tripolis gelegene Stadt Bani Walid sind die letzten verbliebenen Hochburgen der Anhänger von Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi. Sie leisten seit Wochen erbitterten Widerstand gegen die vorrückenden Truppen der neuen Führung in Tripolis.

Tausende Bewohner hatten nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) bereits am Montag eine Feuerpause zur Flucht genutzt. Mehr als 10 000 Menschen sollen Sirte inzwischen verlassen haben. Die Truppen des Übergangsrates hätten den Zivilisten in der seit drei Wochen belagerten Stadt jetzt bis Donnerstag Zeit gegeben, sich in Sicherheit zu bringen, sagte ein Sprecher der Truppe am Dienstag.

„Militärisch wäre es für uns kein Problem, die Stadt jetzt schon komplett einzunehmen“, sagte der Sprecher. „Aber wir wollen eine große Zahl ziviler Opfer vermeiden, denn letztlich sind die Einwohner von Sirte unsere Nachbarn.“

Milizen des Übergangsrates hatten am Montag den Geburtsort von Gaddafi erobert. Die Kämpfer rückten in Kasr Abu Hadi, einem Vorort von Sirte, ein. Dort soll der gestürzte Diktator 1942 in einem Beduinenzelt geboren worden sein.

Die „Revolutionäre“ kontrollieren nach eigenen Angaben bislang den Hafen, eine Kaserne sowie mehrere Vororte von Sirte. Ins Zentrum der Stadt sind sie aber noch nicht vorgedrungen. Der Kommandeur sagte, der Übergangsrat sei sicher, dass sich Mutassim al-Gaddafi, einer der Söhne Gaddafis, in Sirte aufhalte. „Das wissen wir aus dem von uns abgefangenen Funkverkehr.“

Mutassim gehört zum engsten Kreis von Ex-Machthaber Gaddafi. Der Offizier war nationaler Sicherheitsberater in Libyen. Mutassim hatte zuletzt in Brega ehemalige Regierungstruppen befehligt. Nach dem Fall der Stadt soll er nach Sirte geflüchtet sein. Wo sich Gaddafi selbst aufhält, ist unbekannt. Er wird in der Wüste unweit der Stadt Gadames vermutet.


dpa