Das Bürgerkriegsland Somalia kommt nicht zur Ruhe. Am Dienstag wurde die Hauptstadt Mogadischu von einer schweren Explosion erschüttert. Mehr als 60 Menschen starben. Die Al-Shabaab-Miliz bekannte sich zum dem Anschlag.


Bei der Explosion eines mit Sprengstoff beladenen Lastwagens sind in der somalischen Hauptstadt Mogadischu nach Polizeiangaben mindestens 57 Menschen ums Leben gekommen. Der Chef der Notfallärzte, Ali Muse Scheich, sprach von mindestens 65 Opfern. Weitere 60 Menschen seien verletzt worden. Der Lkw explodierte nach Augenzeugenberichten vor einem Regierungsgebäude, in dem sich vier Ministerien befinden. Zu dem Anschlag bekannte sich die radikalislamische Schabaab-Miliz.

Es sei zu befürchten, dass die Opferzahl noch steige, sagte ein Polizeisprecher. Weitere 34 Menschen galten demnach als vermisst. Ein Sprecher der Schabaab-Miliz sagte der Nachrichtenagentur AFP am Telefon, einer ihrer Kämpfer habe den Anschlag verübt, um Beamte der somalischen Übergangsregierung, Soldaten der Afrikanischen Union (AU) und "andere Informanten" in dem Gebäude zu töten. Die Rebellen, die große Teile des Südens und des Zentrums von Somalia kontrollieren, kämpfen seit Jahren gegen die Übergangsregierung in Mogadischu. Sie waren erst im August bei schweren Gefechten mit dem Militär aus Mogadischu vertrieben worden und hatten daraufhin weitere Angriffe angekündigt.

Das jetzt betroffene Regierungsgebäude liegt an einer der größten Straßenkreuzungen der Stadt. Ein Anwohner sagte, die Explosion habe eine "totale Zerstörung" angerichtet. Ein Taxifahrer sagte, das Fahrzeug sei auf das Gebäude zugesteuert und dann explodiert. Berichten zufolge waren unter den Opfern viele Studenten, die in einer Schlange anstanden, um sich für Stipendien der türkischen Regierung zu bewerben. Ein weiterer Augenzeuge berichtete, auf dem Lastwagen seien Passagiere gewesen. Vermutlich handelte es sich demnach um Vertriebene auf dem Weg in die Hauptstadt, die nicht wussten, dass sie sich auf einem Selbstmord-Lkw befanden.

"Gotteskämpfer" lassen Somalia keine Ruhe

AU-Soldaten und Regierungstruppen riegelten den Anschlagsort ab. Die somalische Übergangsregierung erklärte, der Angriff zeige, dass die von den "Terroristen" ausgehende Gefahr noch nicht gebannt sei. Der Anschlag ist der schwerste Angriff der Schabaab-Miliz seit einem Bombenattentat in der ugandischen Hauptstadt Kampala im Juli 2010, bei dem 76 Menschen getötet wurden. Bereits am Montagabend hatte die Miliz einen überraschenden Angriff auf die Stadt Dhusamareb im Westen Somalias in der Nähe der äthiopischen Grenze gestartet. Ein Anwohner berichtete, die Rebellen hätten sich erst nach Stunden wieder zurückgezogen.

In dem Land am Horn von Afrika, wo die Bevölkerung derzeit unter der schwersten Dürre seit 60 Jahren leidet, gibt es seit 20 Jahren keine funktionierende Zentralregierung mehr. Die vom Westen unterstützte Übergangsregierung beherrscht bisher nur kleine Teile des seit dem Bürgerkrieg von 1991 zerrissenen Landes. Sie wird von Friedenstruppen der Afrikanischen Union (AMISOM) unterstützt. Die Schabaab-Miliz kämpft hingegen für einen islamischen Gottesstaat am Horn von Afrika, der sich an einem weltweiten Dschihad beteiligt.

Der Bürgerkrieg erschwert auch die Versorgung der Hungernden in weiten Teilen des Landes. Seit Jahren lassen die Schabaab-Rebellen nur bedingt Hilfslieferungen an die Bevölkerung zu. Hunderttausende sind bereits aus den besonders betroffenen Landesteilen im Süden nach Kenia, Äthiopien und Mogadischu geflohen. Ein Experte der Vereinten Nationen forderte am Dienstag, die Islamisten wegen Kriegsverbrechen vor Gericht zu stellen. Das "herzlose und kriminelle Verhalten" der Miliz sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, schrieb der UN-Somalia-Experte Matt Bryden in einem Bericht.

cjf/AFP/DPA