Komet
© NASA/JPL-Caltech/UMDErste Nahaufnahmen des Kometen "Hartley 2"

Katlenburg-Lindau/ Deutschland - Erstmals haben Astronomen auf einem Kometen Wasser nachgewiesen, das ein ähnliches Verhältnis von schwerem zu normalem Wasserstoff aufweist wie das Wasser der irdischen Ozeane. Anhand dieser Entdeckung gehen die beteiligten Wissenschaftler nun davon aus, dass das Wasser nicht nur durch Einschläge von Asteroiden, sondern auch durch Kometen in großen Mengen auf unseren Planeten gelangt sein könnte.

Vor etwa einem Jahr hatte sich der Komet "103P/Hartley 2" auf seinem Weg um die Sonne der Erde auf nur 18 Millionen Kilometer genähert und so die empfindlichen Beobachtungen ermöglicht (...wir berichteten 1, 2).

Aus heutiger Sicht klinge die Einsicht zwar paradox, "doch Wasser ist auf dem blauen Planeten ein Zuwanderer", berichtete die Pressemitteilung des "Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung" (MPS, mps.mpg.de), unter dessen Leitung die neuen Messungen des Weltraumobservatoriums "Herschel" nun ausgewertet wurden. "In den frühen Tagen des Sonnensystems war die Erde noch so heiß, dass alle leicht flüchtigen Stoffe verdampften. Nur die äußeren Regionen jenseits der Umlaufbahn des Mars blieben reich an Wasser. Von dort soll es vor etwa 3,9 Milliarden Jahren zurück zur Erde gelangt sein - in erster Linie 'an Bord' von Asteroiden", wie Forscher bisher vermuteten.

"Gängige Theorien kamen zu dem Ergebnis, dass weniger als zehn Prozent des irdischen Wassers von Kometen stammen", sagt Paul Hartogh vom MPS und Leiter der aktuell im Fachmagazin Nature veröffentlichten Studie. "Unsere Beobachtungen weisen erstmals darauf hin, dass Kometen eine deutlich wichtigere Rolle gespielt haben könnten", ergänzt seine Kollegin Miriam Rengel.

Wichtigstes Indiz bei der Suche nach dem kosmischen Wasserträger ist Deuterium - schwerer Wasserstoff, der in seinem Atomkern ein Neutron mehr besitzt als gewöhnlicher Wasserstoff. Im irdischen Wasser beträgt das Verhältnis von Deuterium zu Wasserstoff etwa 1:6400. "Die Körper, die das Wasser auf die Erde gebracht haben, sollten ein ähnliches Verhältnis der beiden Isotope aufweisen", sagt Miguel de Val-Borro, ebenfalls Mitarbeiter am Lindauer Institut.

Bisher traf dies vor allem auf Kleinplaneten zu, die aus dem äußeren Rand des Asteroidengürtels ganz in der Nähe der Umlaufbahn des Jupiters stammen. Die sechs Kometen, für die sich bisher Aussagen zum Deuterium-Wasserstoff-Verhältnis machen ließen, sind hingegen wahrscheinlich deutlich reicher an Deuterium. Ihren Ursprung haben all diese Kometen in der Nähe der großen Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun.

"Hartley 2 hingegen ist anders. Wissenschaftler glauben, dass seine kosmische Heimat im Kuipergürtel liegt, einer Region am äußeren Rand des Sonnensystems. Auf seinem ellipsenförmigen Weg um die Sonne kam der Komet im Oktober und November vergangenen Jahres so nah an der Erde vorbei wie noch nie zuvor seit seiner Entdeckung."

Mittels genauer Beobachtungen der Hülle des Kometen aus Gas und Staub (Koma), die Kometen umgibt, wenn sie sich der Sonne nähern und ihre gefrorenen Bestandteile ausgasen, konnten die Forscher mit Hilfe des Infrarot-Weltraumteleskop nun das Deuterium-Wasserstoff-Verhältnis von "Hartley 2" bestimmen.

"Wassermoleküle in der Koma senden im fernen Infrarotbereich eine charakteristische Strahlung aus", erklärt Paul Hartogh. Das gelte auch für die schwerere Spielart des Wassers: Wassermoleküle, bei denen ein Wasserstoffatom durch ein Deuteriumatom ersetzt ist. "Aus dieser charakteristischen Strahlung lässt sich das Verhältnis von Deuterium zu Wasserstoff bestimmen."

Die Messungen ergaben, dass im Wasser von "Hartley 2" auf jedes Deuteriumatom etwa 6200 normale Wasserstoffatome kommen. Genau dieses Verhältnis kommt dem irdischen Wert sehr nahe. "Kometen wie 'Hartley 2' müssen somit ebenso wie die Asteroiden als Wasserlieferanten in Betracht gezogen werden."

Doch die neuen Ergebnisse werfen auch weitere Fragen auf. Denn eigentlich dachten Wissenschaftler, dass die Entfernung des Entstehungsorts eines Körpers von der Sonne das Deuterium-Wasserstoff-Verhältnis in seinem Wasser maßgeblich bestimmt. Je weiter entfernt dieser Ursprungsort von unserem Zentralgestirn liegt, desto mehr Deuterium müsste der Körper eigentlich enthalten.

Hartley 2, dessen Ursprungsort wahrscheinlich außerhalb der Umlaufbahn von Neptun im Kuipergürtel liegt, scheint jetzt aus diesem Schema auszubrechen. "Entweder der Komet ist doch in größerer Nähe zur Sonne entstanden, als wir glaubten", so Hartogh. "Oder die gängigen Vorstellungen zur Deuterium-Verteilung müssen überdacht werden." Vielleicht sei 'Hartley 2' ein sogenannter Trojaner, der in der Nähe des Planeten Jupiter entstanden ist und sich nie seinem Schwerefeld entziehen konnte.

Quellen: mps.mpg.de / grenzwissenschaft-aktuell.de