Künstliche Zelle
© Prof. Leroy Cronin, University of GlasgowKünstliche Zelle (s. Video)

Glasgow/ Schottland - Es klingt wie eine Vision aus einem Science-Fiction-Roman: Lebewesen aus Metall. Doch genau auf die Möglichkeit solchen Lebens könnte die Entdeckung schottischer Wissenschaftler hinauslaufen, denkt man ihre erfolgreiche Herstellung von zellartigen Strukturen aus metallhaltigen Molekülen zu Ende. Die Arbeit, sollte sie erfolgreich weitergeführt werden können, könnte auch gravierende Auswirkungen auf unsere Vorstellung über mögliche Formen außerirdischen Lebens haben.

"Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass Evolution auch jenseits der organischen Biologie möglich ist", zitiert "NewScientist.com" den Wissenschaftler Professor Leroy Cronin von der "University of Glasgow". Und tatsächlich ist ihm und seinem Team die Herstellung zellartiger Blasen aus metallhaltigen Molekülen gelungen, die schon jetzt einige lebensähnliche Eigenschaften aufzeigen.

Die Bausteine dieser "Zellen" sind sogenannte Polyoxometallate und bestehen aus einer Vielzahl von Metallatomen die über Sauerstoff-Atome miteinander verbrückt sind. Durch einfaches Vermischen in einer Lösungsflüssigkeit ist es Cronin gelungen, diese Polyoxometallate dazu zu bringen, sich schalenartig um die Lösung zu zellähnlichen Kugeln anzuordnen.

Diese Schalenschicht kann sogar weiter dahingehend modifiziert werden, dass diese Eigenschaften annimmt, wie sie auch anhand von Membranstrukturen und Zellwänden biologischer Zellen zu finden sind, die beispielsweise einen Chemikalienaustausch ermöglichen. Dadurch könnte die Membrane sogar, wie spezialisierte biologische Zellen, eine ganze Bandbreite chemischer Reaktionen in ihrem Innern kontrollieren.

Dem Team um Cronin, gelang sogar die Herstellung von "Zellen innerhalb von Zellen" (s. Abb. u. Video). Solche Systeme könnten als "Gefäße" für mehrstufige Reaktionen dienen.


"Das große Ziel ist aber die Herstellung künstlicher chemischer Zellen mit Eigenschaften, die denen lebender Systeme ähneln. Die Wissenschaftler erhoffen sich Hinweise, wie sich das Leben vor Milliarden Jahren aus einer 'anorganischen Welt' entwickeln konnte, und ob es möglich ist, Metallzellen als Plattform für die Entwicklung einer nicht-organischen 'anorganischen Biologie' im Labor zu verwenden", erläutert die Pressemitteilung des Fachmagazins Angewandte Chemie, in dem die Entdeckung aktuell veröffentlicht wurde.

Erste Ergebnisse weiterer Experimente legen laut Cronin zudem nahe, dass Membrane erzeugt werden können, die unter Lichtzufuhr Wasser in Wasserstoff-Ionen, Elektronen und Sauerstoff auftrennen können - ein erster Schritt also zur Photosynthese. Auch werde es wahrscheinlich möglich sein, weitere Phasen der Energiegewinnung mittels Licht zu erreichen. "Wenn wir dann alle diese Facetten kombinieren, könnten wir eine sich selbst versorgende Zelle mit einem pflanzenähnlichen Stoffwechsel zu erzeugen."

Sollten sich Cronins Theorien erfolgreich bestätigen lassen, hätte dies auch gravierende Auswirkungen auf mögliche Formen außerirdischen Lebens. "Es gibt eine große Wahrscheinlichkeit, dass es im All Lebensformen gibt, die nicht auf Kohlenstoff basieren", zitiert der NewScientist den japanischen Wissenschaftler Tadashi Sugawara von der "University of Tokyo". "Auf Merkur ist das vorhandene Material beispielsweise sehr unterschiedlich als auf der Erde. Dort könnte es Kreaturen geben, die etwa aus anorganischen Elementen besteht. (...) Cronin ist von einem solchen Szenario sicherlich noch weit entfernt. Aber er hat den Weg dahin aufgezeigt."

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Quellen: grenzwissenschaft-aktuell.de / newscientist.com / onlinelibrary.wiley.com/journal/10.1002/(ISSN)1521-3757