Krebsnebel
© NASA/ESARest einer gigantischen Supernova: Der Krebsnebel

Hamburg/ Deutschland - Wissenschaftler haben erstmals Gammastrahlen mit ungeahnt hoher Energiedichte nachgewiesen, die von einem Pulsar im sogenannten Krebsnebel abgegeben werden. Die Existenz der Gammastrahlen des Krebspulsars mit Energien von über 100 Milliarden Elektronenvolt (100 GeV) widerspricht allen bisherigen Modellen von Pulsaren.

Wie das internationale Team, an dem auch Physiker des "Deutschen Elektronen-Synchrotron"-Forschungszentrums "DESY" beteiligt sind, im Fachmagazin Science berichtet, handelt es sich bei dem Krebspulsar um einen sich schnell drehenden Neutronenstern, also den kollabierten Kern eines schweren Sterns. Der Pulsar und der ihn umgebende Krebsnebel sind die Überreste einer spektakulären Sternenexplosion, einer Supernova, die im Jahre 1054 stattfand und zählen zu den am meisten studierten Himmelsobjekten.

30 Mal pro Sekunde dreht sich der Pulsar um seine eigene Achse. "Mit ihm rotiert ein starkes magnetisches Feld" so die DESY-Pressemitteilung, "von dem hochenergetische Strahlung ausgeht. Das schnell rotierende Magnetfeld erzeugt starke elektromagnetische Kräfte, in denen geladene Teilchen bis auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Dabei erzeugen sie Strahlung über ein breites Spektrum. Diese Strahlen drehen sich wie die Scheinwerfer eines Leuchtturms und werden deshalb auf der Erde als schnell pulsierend wahrgenommen."

Die neuen Beobachtungen mit den VERITAS-Teleskopen am "Whipple-Observatorium" im US-Bundesstaat Arizona zeigen, dass der Pulsar Gammastrahlen mit Energien von über 100 Milliarden Elektronenvolt erzeugt. Zum Vergleich: Sichtbares Licht hat etwa die Energie von einem Elektronenvolt.

Diese unerwartet große Energiemenge widerspricht fast allen astrophysikalischen Theorien, nach denen Krümmungsstrahlung für die gepulste Strahlung vom Krebspulsar verantwortlich ist und die entsteht, wenn hochenergetische, geladene Teilchen sich entlang gekrümmter Magnetfeldlinien bewegen.

Die bisherigen theoretischen Modelle sagen einen exponentiellen Abfall des Spektrums der Krümmungsstrahlung oberhalb etwa 10 Milliarden Elektronenvolt vorher. "Die VERITAS-Beobachtungen von Strahlung mit mehr als zehnmal höherer Energie belegen jetzt, dass es trotz jahrelanger Beobachtungen des Krebspulsars noch kein funktionierendes Modell der Hochenergieemission gibt."

Die Beobachtungen ermöglichen es außerdem, Einsteins spezielle Relativitätstheorie zu testen. Die DESY-Mitteilung erläutert hierzu: "Diese besagt, dass die Lichtgeschwindigkeit eine universelle Konstante ist. Theoretische Bestrebungen, um in so genannten Quantengravitationstheorien Einsteins Theorie mit der Quantenmechanik zu verbinden, sagen vorher, dass die Lichtgeschwindigkeit in sehr geringem Maße von der Energie eines Gammastrahls abhängt. Je höher die Energie eines Strahls ist, umso langsamer pflanzt er sich im Raum-Zeit-Kontinuum fort. Dies wäre eine Verletzung der 'Lorentz-Invarianz', die im Mittelpunkt der speziellen Relativitätstheorie steht. Mit den VERITAS-Beobachtungen der hochenergetischen Strahlung des Krebspulsars kann nach einer entsprechenden Verletzung gesucht werden. Vom Pulsar werden Gammastrahlen unterschiedlicher Energien zum gleichen Zeitpunkt abgestrahlt. Wenn diese sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausbreiten, würde sich der Effekt in einer kleinen Verschiebung der Pulspositionen bei verschiedenen Energien offenbaren."

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Quellen: desy.de / grenzwissenschaft-aktuell.de