Mit einer Serie von Brandanschlägen versuchen Linksextremisten, Berlin und wichtige Verkehrsverbindungen lahmzulegen. Bahnmitarbeiter entdeckten auch am Dienstag mehrere Brandsätze an Gleisen. Die Kontrollen werden deutschlandweit verstärkt.

Vielleicht verhinderte der Regen Schlimmeres - und bewahrte Berlin vor einem noch größeren Bahnchaos. Nur einen Tag nach den Brandanschlägen auf den Hauptbahnhof und eine Bahnstrecke in Brandenburg, schlugen mutmaßliche Linksextremisten am Dienstag erneut zwei Mal zu. Die Brandsätze konnten jedoch rechtzeitig gefunden werden. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kündigte als Reaktion verstärkte Polizeipräsenz an.

Berliner Hauptbahnhof

Sowohl am Hauptbahnhof, rund 500 Meter von der Stelle entfernt, an der am Montag sieben Brandsätze gefunden wurden, als auch in Grünau konnten Spezialisten des Landeskriminalamtes die Brandsätze unschädlich machen und abtransportieren. Das Schema war wie bei den Brandanschlägen zuvor: Mit relativ geringem Aufwand möglichst großen Schaden anrichten. Die Anschläge richten sich ganz gezielt gegen die empfindliche Technik der Bahn, besonders gegen Leitungen und Kabel, über die der Zugverkehr gesteuert wird. Aufgrund der identischen Bauart der Brandsätze, den kurzen Abständen zwischen den Taten und der Art, wie die Brandsätze deponiert wurden, gehen Ermittler von denselben Tätern aus.

Mehrere Stunden Zugausfälle

Obwohl die Behälter rechtzeitig gefunden wurden, waren die Auswirkungen auf den Bahnverkehr erneut erheblich. Für mehrere Stunden mussten nahe dem Fundort der Brandsätze in Grünau die S-Bahn-Linien S8, S9 und S46 unterbrochen werden, wie ein Bahnsprecher bestätigte. Zwischen den Stationen Schöneweide und Grünau, beziehungsweise Altglienicke wurde ein Notverkehr mit Bussen eingerichtet. Erst gegen 12.30 Uhr konnten die Bahnstrecken wieder freigegeben werden. Am Nachmittag legte jedoch eine Stellwerksstörung in Grünau erneut den Verkehr lahm. Am Vormittag war auch der Regionalverkehr der Deutschen Bahn und der privaten Ostdeutschen Eisenbahn (Odeg) betroffen. Die Regionallinien RE2 (Rathenow - Cottbus) und RE7 (Dessau - Wünsdorf Waldstadt) und die Regionalbahn RB14 (Nauen - Senftenberg) waren ebenso unterbrochen wie die Odeg-Linie OE36 (Lichtenberg - Frankfurt (O.)). Betroffen waren Tausende Fahrgäste.

Als der Verkehr im Südosten endlich wieder rollte, folgte der nächste Schock. Nach dem Fund weiterer Brandsätze nördlich des Hauptbahnhofs musste ab 14.47 Uhr erneut der Nord-Süd-Tunnel gesperrt werden. Dutzende Fern- und Regionalzüge wurden umgeleitet und fuhren Verspätungen ein. Um 16.30 Uhr konnte der Tunnel wieder freigegeben werden.

Weit größer waren auch am Dienstag noch die Auswirkungen des geglückten Brandanschlags auf einen Kabelschacht nahe dem brandenburgischen Finkenkrug (Havelland) in der Nacht zu Montag. Bis zum Abend blieben die Regionallinien RE6, RB14 und RB10 unterbrochen. Fahrgäste mussten auf Ersatzbusse umsteigen und waren damit deutlich länger unterwegs. Die Linie RE4 wurde weiter umgeleitet und konnte deshalb nicht über Falkensee fahren.

Umgeleitet wurden auch am Dienstag noch die Züge des Fernverkehrs zwischen Berlin und Hamburg. Sie fuhren über Stendal und Wittenberge und waren dadurch etwa 45 Minuten verspätet. Ein Ende des Chaos' war am Dienstagabend noch nicht in Sicht. Nach Angaben eines Bahnsprechers soll erst im Laufe des heutigen Mittwochs entschieden werden, wann die Sperrungen und Umleitungen wieder aufgehoben werden können.

Durch den Brandanschlag am Montagmorgen westlich von Berlin und den versuchten Anschlag am Hauptbahnhof fuhren nach Bahnangaben bis Dienstag bereits mehr als 300 Züge verspätet. Laut dem Sprecher summierten sich die Verspätungen bereits vor den neuerlichen Sperrungen auf 17.000 Minuten. Durch einen „Dominoeffekt“ seien auch Fern- und Regionalzüge Richtung Westen und Süden nicht pünktlich gewesen.

Mehr Koordination gefordert

Jenseits der Debatten über Videoüberwachung und mehr Sicherheitspersonal fordert der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, einen besseren Austausch zwischen Polizei und Sicherheitskräften. „Auch ohne zusätzliches Personal einzustellen, geht da noch einiges“, sagte Lux. Bislang würden Bundes- und Landespolizei, sowie die privaten Sicherheitsmitarbeiter nicht gemeinsam koordiniert. Dies sei fatal, da in Notsituationen jede Minute zähle. Sowohl bei Anschlägen als auch bei gewalttätigen Übergriffen im öffentlichen Nahverkehr gebe es laut Lux immer wieder Abstimmungsprobleme. In der Vergangenheit seien bei verschiedenen Attacken auf U-Bahnhöfen Bundespolizisten und Sicherheitspersonal der Bahn in der Nähe gewesen. „Diese wurden aber nicht angefordert, weil die Bereiche von der BVG und der Deutschen Bahn getrennt sind.“ Auch bei den Anschlägen auf die Bahn könnte das Sicherheitspersonal effektiver koordiniert werden.