Zauberpilze mit Rauschwirkung verändern die Persönlichkeit länger als gedacht: In einer Studie haben Psychologen bei Probanden die Effekte auch noch mehr als ein Jahr nach dem Pilz-Trip nachgewiesen. Die Psychopilze fördern die Offenheit - und könnten von therapeutischem Nutzen sein.
Zauberpilze
© APZauberpilze: Halluzinogene Wirkung verändert die Persönlichkeit

Baltimore - Verstärkte Sehschärfe und extreme Lichter: Der unmittelbare Effekt von halluzinogenen Zauberpilzen hält nur wenige Stunden an. Doch in Wahrheit hat es so ein Pilz-Trip in sich: Wie Forscher um Roland Griffiths von der Johns Hopkins University in Maryland im Journal of Psychopharmacology berichten, ist die persönlichkeitsverändernde Wirkung der Droge bei Erwachsenen auch ein Jahr später noch messbar.

Für sonderlich besorgniserregend halten die Mediziner diesen Umstand allerdings nicht, im Gegenteil: Der in einer Studie gemessene Effekt sei auch positiv zu bewerten. 60 Prozent der Teilnehmer waren demnach mehr als ein Jahr nach dem Trip mit den Magic Mushrooms viel aufgeschlossener als vor dem Beginn der "Behandlung", schreiben die Autoren. "In dem Teil der Persönlichkeit, der als Offenheit bezeichnet wird, wurden dauerhafte Veränderungen gemessen." Das sei besonders erstaunlich, da die Offenheit mit dem Alter gemeinhin eher abnehme, sagt Griffiths.

Magic Mushrooms enthalten den Wirkstoff Psilocin, dessen Einnahme ähnliche Rauschzustände auslöst wie die Droge LSD. In Deutschland sind der Besitz und Verkauf von den Zauberpilzen verboten. Für die Untersuchung begaben sich die Teilnehmer mehrmals auf achtstündige Pilz-Trips ins Labor. Nach mindestens drei Wochen folgten weitere Sitzungen - immer mit einer Kontrollgruppe. Die Teilnehmer und auch die Mediziner wussten jedoch nicht, welche Testpersonen tatsächlich Halluzinogene bekamen. Für die Tests wurden 51 psychisch gesunde Freiwillige ausgewählt.

Inwiefern sich ihr Wesen danach dauerhaft veränderte, maßen die Wissenschaftler mit einem üblichen Persönlichkeitstest, der insgesamt fünf Bereiche des Charakters erfasst - auch die "Big Five" genannt (die großen Fünf): Offenheit, Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus (abgeleitet von Neurose). Extravertierte Menschen entfalten sich vor allem in Gesellschaft, der Persönlichkeitsfaktor Neurotizismus umfasst Eigenschaften wie Ängstlichkeit und Depressivität. Anhand der ausgewerteten Fragebögen kamen die Forscher zu dem Resultat, dass sich die Offenheit bei jenen Teilnehmern mit "mystischen Erfahrungen" messbar veränderte. Dazu zählen Charakterzüge wie Phantasie, Großzügigkeit oder der Sinn für Ästhetik.

Das Fazit der Psychologen: Magic Mushrooms könnten einen therapeutischen Nutzen haben. Wie Griffiths sagt, könne das enthaltene Psilocin beispielsweise Krebspatienten helfen, mit Depressionen und Angst fertig zu werden.

Allerdings hatten die Magic Mushrooms auch Nebenwirkungen, räumen die Studienleiter ein: So berichteten manche Teilnehmer von starken Angstzuständen während des Trips. "Wenn Halluzinogene in einer weniger gut überwachten Umgebung konsumiert werden, könnten mögliche Angstzustände zu gefährlichem Verhalten führen", schreiben die Forscher.
Vor allem bei psychisch labilen Menschen mit einer depressiven Grundstimmung können Magic Mushrooms Horrortrips auslösen. Mitunter halten die Wahrnehmungsstörungen und Halluzinationen an - die Person ist auf dem Trip "hängen geblieben" oder hat immer wieder negative Flashbacks. Aber auch bei psychisch gefestigten Menschen können Magic Mushrooms Nebenwirkungen wie Schwindel, Übelkeit und Erbrechen auslösen.

Zudem, so die Forscher, sei die Studie mit 51 Teilnehmern nicht repräsentativ. Griffiths: "Wir wissen nicht, ob unsere Ergebnisse auf die größere Bevölkerung übertragbar sind."

cib/dpa