Sexuelle Übergriffe auf Kinder und Jugendliche sind in den vergangenen Jahren seltener geworden. Das belegt eine neue Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. "Entgegen aller Erwartungen geht der sexuelle Missbrauch drastisch zurück", sagte der Leiter des Instituts, Christian Pfeiffer, in Berlin.

Das Thema sei mehr in die Öffentlichkeit gerückt, die Opfer seien mutiger und die Abschreckung für die Täter größer geworden, sagte Pfeiffer.

Anfang 2010 waren in Deutschland massenhaft Fälle von Kindesmissbrauch in Schulen und katholischen Einrichtungen ans Licht gekommen. In den Monaten darauf offenbarten immer mehr Opfer ihr zum Teil Jahrzehnte zurückliegendes Leid. Die Bundesregierung setzte einen Runden Tisch ein. Die Fachleute dort kümmerten sich um verschiedene Aspekte - unter anderem darum, die Forschung zum Thema voranzutreiben. Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen befragte daraufhin in den ersten fünf Monaten dieses Jahres mehr als 11 000 Menschen im Alter von 16 bis 40 Jahren. Die Auswertung ist noch nicht völlig abgeschlossen, aber der jetzt veröffentlichte Zwischenbericht konzentriert sich auf Angaben jener Befragten, die vor ihrem 16. Lebensjahr mindestens einmal Opfer sexueller Übergriffe wurden. 6,4 Prozent der weiblichen Befragten gaben demnach an, dass sie in ihrer Kindheit oder Jugend solche Erfahrungen gemacht haben. Bei den männlichen Befragten waren es 1,3 Prozent.

In der Vorgängerstudie von 1992 hatten 8,6 Prozent der Frauen von solchen Übergriffen in ihrer Kindheit berichtet und 2,8 Prozent der Männer. Die Zahl der Missbrauchsfälle ist also zurückgegangen. Als mögliche Gründe sehen die Forscher unter anderem eine gestiegene Bereitschaft von Missbrauchsopfern, die Täter anzuzeigen. "Während in den 80er-Jahren im Durchschnitt nur etwa jeder zwölfte Täter damit rechnen musste, dass er zur Verantwortung gezogen wird, trifft es heute jeden dritten", sagte Pfeiffer. Die Öffentlichkeit sei sensibler für das Thema geworden, aber auch die Prävention besser.

dapd