Großbanken kämpfen zurzeit um ihren Ruf, Ermittlungen der EU-Kommission kommen da höchst ungelegen: Die Brüsseler Behörde geht dem Anfangsverdacht auf unlautere Geschäftspraktiken nach und durchsuchte mehrere Geldhäuser
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Die EU-Kommission hat sich mehrere europäische Großbanken wegen möglicher Zinsmanipulationen vorgeknöpft. Etliche auf dem Derivate-Markt tätige Finanzkonzerne seien durchsucht worden, gab die Kommission am Mittwoch (19.10.2011) bekannt. Dabei wollten die Wettbewerbshüter prüfen, ob es im Zusammenhang mit dem sogenannten Euribor-Zins zu einem Marktkartell gekommen sein könnte. Das wäre ein Verstoß gegen die EU-Binnenmarktregeln. Namen der betroffenen Unternehmen oder Länder wurden nicht genannt. Sollten die Vorwürfe sich aber bestätigen, drohen den Geldhäusern Bußen bis zu zehn Prozent ihres Jahresumsatzes.

"Ermittler verstehen die Transaktionen nicht"

Hinweise aus der Finanzwirtschaft, wonach unter anderem auch die Londoner Niederlassung der Deutschen Bank durchsucht worden sein soll, will der deutsche Branchenprimus nicht kommentieren. Auch die Commerzbank lehnt eine Stellungnahme bislang ab. Der Europäische Bankenverband (EBF) weist die Vorwürfe jedenfalls zurück: "Wir haben nichts zu verbergen", heißt es in einer Mitteilung. Das Euribor-System werde transparent gemanagt. Der Verband sagte den Ermittlern seine Unterstützung zu. Möglicherweise besitze die EU-Kommission "kein genügendes Verständnis" der Transaktionen, erklärte der EBF weiter. Allein die große Anzahl der beteiligten Banken mache eine Manipulation des Zinssatzes unmöglich.

Euribor steht für "European Interbank Offered Rate". Dabei handelt es sich um den Zinssatz, den europäische Banken untereinander beim Handel von Einlagen mit einer festgelegten Laufzeit von einer Woche bis 12 Monate verlangen. Er ist einer der wichtigsten Referenzzinssätze. Die Euribor-Werte werden auch als Berechnungsgrundlage für andere Kredite und Anlageprodukte genutzt.

Durchsuchungen sind noch kein Schuldvorwurf

Mit den Durchsuchungen habe sich die Kommission ein Bild über die Funktionsweise des Euribor und der möglichen Manipulationen machen wollen, heißt es.

Preisabsprachen zum Schaden von Konkurrenten oder Verbrauchern sind in der EU verboten. Allerdings betonte die Kommission, dass bisher nur ein Anfangsverdacht vorliege und Durchsuchungen noch kein Beleg für die Schuld der Firmen seien. "Die Kommission hat den Verdacht, dass die Unternehmen EU-Recht verletzt haben, das Kartelle und unlautere Geschäftspraktiken verbietet", schreiben die Kartellwächter. Die Durchsuchungen hätten bereits am Dienstag stattgefunden.

afp, dapd, dpa, rtr

Redaktion: Martin Schrader