Ein präzises, unabhängiges europäisches Satelliten-Navigationssystem - das wollte die EU 2003. Mit Budget-Gezerre, Verspätungsmeldungen und ungeklärten Fragen sollen die ersten beiden Galileo-Satelliten starten - und schon wieder mit Verspätung.
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© dpaGrafik: Aussetzen eines Galileo-Satelliten

Einfach das Ziel in das Navi tippen, keine Faltpläne zusammenwursteln, immer wissen, wo man sich befindet - GPS hat unser mobiles Leben bequemer gemacht. Wenn unser Navigationssystem allerdings steif und fest behauptet, man fahre quer durch die Pampa, liegt das am US-Militär. Europäer nutzen das amerikanische "Global Positioning System", kurz GPS. GPS kann genau sein - doch das "M-Band" ist dem US-Militär vorbehalten. Wer GPS kommerziell nutzt, darf eine Genauigkeit von 15 Metern erwarten - oft sind es mehr.

Der Traum vom europäischen GPS

Seit fast zwei Dekaden fährt Europa nun bei den Amerikanern "huckepack". Im Jahr 2003 beschlossen EU und Europäische Raumfahrtbehörde ESA, ein eigenes Satelliten-Navigationssystem müsse her. Die Ambitionen sind groß: "Galileo" soll das präziseste Positionssystem der Welt werden. Bis zu drei Meter Genauigkeit sollen erreicht werden. Dazu müssen 30 stationäre und mobile Satelliten ins All. Die beiden ersten 700-Kilo-schweren Satelliten transportiert eine Sojus-Trägerrakete von Kourou (Französisch-Guyana) aus ins All. Doch jetzt gibt es Probleme mit der Trägerrakete, teilte die Betreibergesellschaft Arianespace mit. Der Start wurde deshalb um 24 Stunden auf Freitagmittag verschoben.

Galileos politische Hürden

Wie schon sein Namensgeber Galileo Galilei kämpft das System mit Widerständen und politischen Tücken. Als die EU Galileo 2003 absegnete, reagierten die Amerikaner höchst verschnupft. Der damalige stellvertretende US-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz betrieb massive Lobbyarbeit gegen Galileo. Der Grund: Das System funke auf Frequenzen, die es den USA unmöglich machen würden, im Kriegsfall Galileo zu stören oder abzuschalten. Richtig nervös wurde das US-Militär, als bekannt wurde, dass China mit 230 Millionen Euro ins Galileo-Projekt einstieg. US-Air-Force-Mitglieder drohten gar, die europäischen Satelliten aus dem Himmel zu schießen, wenn durch ein gekapertes Galileo US-Bürger gefährdet würden. Schließlich einigte man sich auf andere, politisch weniger brisante Frequenzen.
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© reutersVom Jupiter-Kontroll-Raum im Weltraumzentrum in Kourou wird die Rakete überwacht.

Wie bei Großprojekten üblich, kämpft auch Galileo mit Zeit- und Budget-Problemen. So starten zunächst statt vier Satelliten lediglich zwei - Platzproblem in der Sojus-Rakete. Auch verspätet sich das Projekt von 2010 auf frühestens 2014. Zu guter Letzt wird Galileo teurer als geplant, woraufhin die EU Teile des Projekts neu ausschrieb. Der Kassensturz offenbart: 5,3 Milliarden Euro hat Galileo bislang gekostet, 1,9 Milliarden mehr als geplant. Von 2014 bis 2020 kommen jedes Jahr Betriebskosten von einer Milliarde hinzu. Die Ausgaben stehen potentiellen Einnahmen von 60 Milliarden Euro gegenüber - aber die sind eben "potentiell".

Wer zuerst kommt, funkt zuerst

Auch im All bekommt Galileo Konkurrenz. Russland modernisiert zügig sein veraltetes Glonass-System, die USA setzen auf das moderne "GPS-IIIA" - und China arbeitet mit Hochdruck am Compass-System, das schon 2012 ganz Asien abdecken soll.

Die meisten Kopfzerbrechen bereitet Brüssel, dass Compass Frequenzen nutzt, auf denen auch Galileo funkt. Und wer zuerst im All ist, kann die Frequenzen auch halten. Noch ist ungeklärt, wie Europa und China mit den überlappenden Frequenzen umgehen - bislang ist keine Einigung in Sicht.