Im weitgehend isolierten Nordkorea sind sechs Millionen Menschen von Hunger bedroht. Die Not sei groß, sagte die Nothilfekoordinatorin der Vereinten Nationen, Valerie Amos, am Freitag nach der Rückkehr von einem fünftägigen Besuch in Peking.

Die Tages-Rationen über das öffentliche Verteilungssystem hätten von 400 auf nur noch 200 Gramm pro Person halbiert werden müssen. „Es herrscht ein hohes Maß an Unterernährung, besonders unter Kindern.“

Nach der Ernte fehlten eine Million Tonnen Getreide, um den Jahresbedarf von 5,3 Millionen Tonnen zu decken. Wegen der chronischen Ernährungskrise sei jedes dritte Kind unter fünf Jahren kleinwüchsig. „Die Kinder sind sehr dünn.“ Die körperlichen und psychologischen Auswirkungen des Hungers seien sichtbar. In einem Krankenhaus sei ihr berichtet worden, dass sich die Zahl der Kinder, die mit Mangelkrankheiten eingeliefert worden seien, zuletzt mehr als verdoppelt habe.

Nach dem UN-Aufruf im April an die internationale Gemeinschaft, Nahrungsmittelhilfe im Wert von 218 Millionen US-Dollar zur Verfügung zu stellen, seien bisher nur 34 Prozent eingegangen, berichtete Amos. Jetzt beginne bald der Winter. „Dieses Land kann sich selbst nicht ausreichend mit Nahrung versorgen.“ Es fehle auch an Dünger. Die Erträge seien nur halb so hoch wie anderswo. Die Landwirtschaft sei nicht mechanisiert. Ein Teil der Ernte gehe verloren. „Diese Situation wird von Jahr zu Jahr schlimmer.

Die Koordinatorin appellierte in ihren Gesprächen in Pjöngjang an die nordkoreanische Regierung, ihre eigene Verantwortung auch wahrzunehmen. Es müsse Nahrung eingekauft werden. Auch müsse die Landwirtschaft reformiert werden. Die Antworten auf die Probleme seien nicht Sache der internationalen Gemeinschaft. „Was ich vorgetragen habe, wurde gehört“, sagte Amos. „Wohin es führt, kann ich nicht sagen.“

Es war der erste Besuch eines Koordinators der Vereinten Nationen für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) in Nordkorea seit 2002. Die Koordinatorin traf auch mit der Nummer Zwei im Machtapparat, Parlamentschef Kim Yong Nam, zusammen.

Amos sprach von einer „sehr freimütigen Diskussion“. Die Bereitschaft, mit Hilfsorganisationen zu kooperieren, sei „ein bisschen besser“ geworden. Auf Fragen, ob Nahrungsmittelhilfe ans Militär umgeleitet werde, sagte Amos, dafür habe sie keine Beweise. „Ich kann nicht hier sitzen und sagen, es wird nicht abgezweigt“, sagte die Koordinatorin. „Was ich aber sagen kann, ist, dass alle Anstrengungen unternommen werden, dass nichts abgezweigt wird.“

dpa