In der thailändischen Zwölf-Millionen-Metropole Bangkok wird die Lage immer kritischer. Für Asiens zweitgrösste Volkswirtschaft ist die Lage bereits jetzt verheerend.
Zwei Menschen in Fluten Thailans
© keystoneDer neue Alltag: Bewohner in Thailand waten durchs Wasser. (26. Oktober 2011)

Immer mehr Thailänder flüchten aus Furcht vor einer drohenden Überflutung weiter Teile der Zwölf-Millionen-Metropole Bangkok. Sieben im Norden von Bangkok gelegene Stadtbezirke standen weiter unter Wasser. Tausende Menschen fügten sich dort einer neuen Evakuierungsaufforderung der Regierung und machten sich mit Bambusflossen und auf Militärlastwagen auf den Weg. Zehntausende Autos verstopften heute Freitag die Ausfallstrassen der Hauptstadt.

Die Menschen sind in Sorge, die Dämme des durch Bangkok fliessenden Flusses Chao Phraya könnten am Wochenende brechen und zu einer dramatischen Ausweitung der Überflutung der Hauptstadt führen. Der Chao Phraya erreichte am Freitag mit 2,47 Metern eine kritische Marke. Die Hochwasserdämme sind 2,50 Meter hoch.

Zehntausende Soldaten im Einsatz

Weil im Golf von Thailand eine Springflut erwartet wird, drückt neben den Wassermassen aus den Überschwemmungsgebieten auch Wasser aus dem Meer in die Flussmündung.

«Für Samstag den 29. Oktober wird in Bangkok gegen 18.00 Uhr der Scheitelpunkt der Überschwemmung erwartet, bei dem es auch zu Überschwemmungen in der Innenstadt Bangkoks kommen kann», teilte etwa die deutsche Botschaft ihren Landsleuten mit.

Schon jetzt stehen die Thailänder bei dem zum Teil durch heftige Monsunregen ausgelösten Hochwasser vor der schlimmsten Flutkatastrophe des Landes seit rund einem halben Jahrhundert.

Mehr als zwei Millionen Menschen in den Zentral- und Nord- Provinzen des Landes leiden bereits unter den Überschwemmungen. Bislang starben 377 Menschen. Die Armee setzt zehntausende Soldaten zur Unterstützung der Bevölkerung ein.

Auswirkungen auf die Wirtschaft

Die zweitgrösste südostasiatische Volkswirtschaft ist schon jetzt durch die Fluten angeschlagen. Da Thailand ein wichtiger Zulieferer für die Auto- und Computerindustrie ist, sind auch Firmen dieser Branchen weltweit betroffen.

Tokio reagierte umgehend auf diese Probleme. Wie ein Regierungssprecher in Tokio sagte, hätten dutzende Firmen wie Honda und Toyota ihre Produktion stoppen müssen. Japan werde daher thailändische Arbeiter japanischer Firmen im eigenen Land unter bestimmten Bedingungen akzeptieren. Dazu gehöre die Garantie der Firmen, dass die Arbeiter nach sechs Monaten wieder nach Hause zurückkehren sollten.

Die Bank von Thailand halbierte ihre Vorhersage für das Wirtschaftswachstum des Landes nahezu auf 2,6 Prozent. Die Hauptstadt steht für 41 Prozent der thailändischen Wirtschaftsleistung.

Von Reisen in die Hauptstadt wird abgeraten

Die USA warnten ihre Bürger vor nicht notwendigen Reisen in betroffenen Gebiete im südostasiatischen Land. Das Aussendepartement in Bern hatte den Schweizerinnen und Schweizern in Bangkok geraten, Bangkok vorübergehend zu verlassen.

Die Zahl der Schweizer Staatsangehörigen in Thailand wird auf rund 1000 geschätzt. 200 dürften sich in Bangkok aufhalten. Nicht betroffen vom Hochwasser sind der internationale Flughafen Bangkok-Suvarnabhumi sowie Badeferien-Destinationen wie zum Beispiel Koh Samui, Krabi oder Phuket.

«Wir können nicht alles beherrschen»

Die thailändische Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra räumte unterdessen ein, dass ihre Regierung mit der Situation überfordert sei. «Was wir heute tun, ist den Kräften der Natur zu widerstehen», sagte sie vor Journalisten. Die Wassermassen, die auf Bangkok zukämen, seien so umfassend, dass «wir nicht alles beherrschen können».

Im Internet wurden Anleitungen zum richtigen Stapeln von Sandsäcken veröffentlicht. Viele Hauptstädter sicherten ihre Häuser notdürftig mit Steinen, Gipsplatten und Plastikplanen. In einigen Supermärkten brach der Nachschub an Lebensmitteln ab. Insgesamt schien die Versorgung der Stadt mit Nahrung aber noch ausreichend - tausende von Restaurants und Garküchen arbeiteten mit voller Kraft weiter.

(ami/sda/afp)