Der natürliche Süssstoff der Stevia-Pflanze ist schon seit einiger Zeit ein umstrittenes Thema. In einigen Ländern wie der Schweiz ist die Pflanze und deren Inhaltsstoffe schon längst als Lebensmittel zugelassen - nur in der EU war die Verwendung von Stevia in Lebensmitteln immer noch nicht erlaubt. Bis jetzt. Ein Gericht in Bayern hat nun entschieden, dass Stevia-Tee in Joghurts verwendet werden darf.

Streit um Stevia

Der Streit in der EU um Stevia - den gesunden Zuckerersatz mit vielfacher Süsskraft im Vergleich zu normalem Zucker - dauert nun schon lange an. Nicht nur für Bio-Hersteller, die herkömmlichen Zucker auf Grund seiner negativen Eigenschaften ersetzen möchten, sondern auch für die gesamte Getränke-Industrie, könnte das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts in München von Nutzen sein.

Nachdem die Andechser Molkerei Scheitz einen Tee aus Stevia-Blättern in Ihren Bio-Joghurts als Süssstoff verwendet hatte, entfachte der Rechtsstreit um die südamerikanische Pflanze.

Zulassungsverfahren für Stevia

Normalerweise müsste auch Stevia-Tee nach der Novel-Food-Verordnung der EU ein umfassendes Zulassungsverfahren durchlaufen, bevor es in Lebensmitteln als Süssstoff verwendet werden darf. Da stellt sich einem doch die Frage, warum ein natürlicher, gesunder Zuckerersatz wie Stevia, im Vergleich zu einem synthetischen, ungesunden Süssstoff wie Aspartam, nicht zugelassen wird, oder?

Stevia-Tee ist erlaubt

Aber endlich wurde nun ein Schritt in die richtige Richtung gemacht. Das Bayerische Gericht hat entschieden, dass das Verbot, welches eigentlich gegen Stevia vorliegt, in diesem Fall nicht in Kraft tritt. Das liegt allerdings nur daran, weil die Molkerei nicht das Stevia-Extrakt, sondern einen Teeaufguss von Stevia-Blättern verwendet hat. Über das Extrakt von Stevia in Lebensmitteln ist noch nichts entschieden.

Die Geschäftsführerin Barbara Scheitz erklärte:
Wir haben das Gericht davon überzeugt, dass vor 1997 mehr als 61 Millionen Tassen Stevia-Tee in der EU getrunken wurden.
Es war ein langer Kampf, doch jetzt sind die mit Stevia-Tee gesüssten Joghurts wohl in ganz Deutschland erhältlich.

Barbara Scheitz meinte trotz des positiven Gerichtsbeschlusses:
Es ist aber nicht auszuschliessen, dass ähnliche Produkte anderer Anbieter ein ähnlich aufwendiges Verfahren durchlaufen müssen.
Schnellwarnsystem für Lebensmittel

Immerhin hat das Gericht zudem entschieden, dass der Molkereibetrieb auch keinen Eintrag in das EU-weite Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel bekommt. Dieses Schnellwarnsystem ist eigentlich dazu gedacht, dass bei einer Bedrohung durch bestimmte Stoffe in Lebensmitteln jeder schnell informiert werden kann.

Ein Eintrag in dieses System ist jedoch insbesondere für kleinere und mittelständische Unternehmen existenzbedrohlich und kann enorme Umsatzeinbrüche bedeuten, da sich die Kunden häufig vom ganzen Sortiment des Herstellers abwenden, wenn ein solcher Eintrag vorliegt.

Quelle:

Verwaltungsgericht München, Urteil vom 26.09.2011. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann noch Berufung eingelegt werden.
Aktenzeichen: Az. M 18 K 11.2918 und Az. M 18 K 11.1445 und Az. M 18 E 11.1443