Wissenschaftler halten es durchaus für möglich, dass die globale Erwärmung die Starke und die Regenmenge der Tropen-Stürme beeinflusst. Interaktive Grafik: Entstehung von Wirbelstürmen

Washington - Klima-Experten halten es durchaus für möglich, dass die globale Erwärmung Hurrikan "Gustav" verschlimmert hat und dass er deswegen auch mehr Regen mit sich bringt.

Das Prinzip "Klimawandel gleich stärkere Wirbelstürme" bleibt unter Forschern aber umstritten. Zwar brauen sich über dem Atlantik immer mehr Wirbelstürme der höchsten Kategorien zusammen, wie Untersuchungen der amerikanischen Universität Georgia Tech ergaben. Allerdings kommen sechs von der Nachrichtenagentur AP befragte Experten zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen.

So hätten in den vergangenen vier Jahren neben "Gustav" und "Katrina" sechs weitere Wirbelstürme die Kategorie vier und höher erreicht. Dabei seien Windgeschwindigkeiten von mindestens 211 Stundenkilometern erreicht worden. "Wir beobachten weltweit derzeit viel mehr Stürme der Kategorien vier und fünf als je zuvor", sagt Judith Curry, Klima-Expertin an der Georgia Tech. Gerade die Jahre 2004, 2005 und 2007 seien besonders hervorgetreten.

Seit Mitte der 90er Jahre hat das Ausmaß der vom warmen Wasser in die Luft steigenden Energie dramatisch zugenommen. Dadurch gewinnen die Wirbelstürme stark an Kraft. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls Kevin Trenberth vom Nationalen Zentrum für Atmosphärische Studien in Boulder im US-Staat Colorado in einem noch nicht veröffentlichten Beitrag für die Zeitschrift Geochemistry, Geophysics, Geosystems.

Doch die gleichen Wissenschaftler heben den Zeigefinger und warnen davor, die Erderwärmung für ein einzelnes Wettereignis verantwortlich zu machen. "Gustav" und andere Hurrikane hätten sich auch ohne den vom Menschen hervorgerufenen Klimawandel zusammenbrauen und schließlich ihre tödliche Gewalt entfalten können.

Dennoch hätten jüngste Forschungsergebnisse gezeigt, welchen Einfluss die Erwärmung der Erde auf die stärksten Wirbelstürme habe, sagen die Fachleute. Das gelte auch für "Gustav", der am Samstag auf die Kategorie vier anwuchs, ehe er sich etwas abschwächte. "Die gewaltigsten Hurrikane dürften noch stärker werden", sagte der Meereskundler Gabriel Vecchi aus Princeton.

Da "Gustav" unbestritten ein sehr starker Hurrikan sei, müsse auch hier die Erderwärmung eine gewisse Rolle gespielt haben. Doch er vermag nach eigenen Worten nicht zu sagen, wie groß genau dieser Effekt nun ist, was ihn natürlich wurmt.

In einem früheren Artikel kam sein Kollege Trenberth zu dem konkreteren Ergebnis, dass der Klimawandel bei Wirbelstürmen wie "Katrina" für eine Zunahme der Regenmenge von rund sechs bis acht Prozent verantwortlich sei. Peter Webster, Klima-Professor an der Georgia Tech, erklärt den Ablauf so: Wärmeres Wasser erhitzt die Oberflächenluft, so dass diese mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Mehr feuchte Luft kann dann nach oben stiegen, den Sturm "füttern" und gleichzeitig für heftigere Regenfälle sorgen.

Aktivität folgt einem Kreislauf

Doch es gibt auch zurückhaltendere Stimmen: "Ja, der Klimawandel beeinflusst Hurrikane", erklärt Christopher Landsea, Forscher am Nationalen Hurrikan-Zentrum. Aber die Auswirkungen auf die Intensität der Wirbelstürme sei "sehr gering", betont er. Nach Einschätzung von Hugh Willoughby, Meteorologie-Professor in Miami, besteht Einigkeit höchstens in dem Punkt, dass der Klimawandel einen Einfluss auf die gewaltigsten Hurrikane habe. Manche seiner Kollegen übertrieben es aber mit den Schlussfolgerungen.

Denn die Hurrikan-Aktivität folge einem Kreislauf: Etwa alle 25 Jahre brauen sich sehr viele Stürme zusammen, danach folge ein Vierteljahrhundert mit weniger Aktivität. Natürlich gebe es Auswirkungen des Klimawandels, findet Willoughby, fügt aber hinzu: "Der Haupteffekt ist nach meiner Ansicht einfach Pech."

Gerade im Fall "Gustav" sieht er kaum eine Auswirkung des Klimawandels, denn "Gustav" sei ähnlich wie frühere Wirbelstürme, die bereits Jahrzehnte oder Jahrhunderte zurücklägen. Dem hält seine Kollegin Judith Curry entgegen, dass die Zahl der heftigen Stürme jetzt um ein Vielfaches größer sei als in den 40er und 50er Jahren, der letzten vergleichbaren Hoch-Zeit von Wirbelstürmen.

Und es dürfte ihrer Ansicht nach noch schlimmer kommen: Gehörten von 1975 bis 1990 rund 17 Prozent aller Hurrikane zu den Kategorien vier oder fünf, schnellte der Anteil von 1990 bis 2004 auf 35 Prozent. Und von 2003 bis einschließlich 2007 seien es schon 41 Prozent gewesen.

ap