Bei einem Angriff auf Irans Atomanlagen kann Israel mit der stillschweigenden Unterstützung arabischer Länder rechnen. Auf lange Sicht scheint ein Showdown unvermeidlich.
f-15 kampfflugzeug
© PICTURE ALLIANCEEin israelischer F-15-Kampfjet bei einer Übung

Wird es einen Militärschlag gegen die iranischen Atomanlagen geben? Wer darauf zum jetzigen Zeitpunkt eine definitive Antwort geben wollte, müsste Kaffeesatzleserei betreiben.

Dass die israelische Regierung und Staatspräsident Schimon Peres angesichts neuer Erkenntnisse der Internationalen Atomenergiebehörde - denen zufolge das iranische Regime nur noch sechs Monate bis ein Jahr vom Bau der Bombe entfernt sein könnte - öffentlich die militärische Option ins Spiel bringen, dürfte fürs erste eher dem Versuch geschuldet sein, eine Druckkulisse für harte internationale Sanktionen gegen Teheran aufzubauen als der Einleitung unmittelbarer Kriegsvorbereitungen.

Davon auszugehen ist aber auch, dass Israel die iranische Bombe auf keinen Fall tatenlos hinnehmen wird, sollten politische Mittel, die Islamische Republik Iran doch noch von der Vollendung seiner atomaren Aufrüstungspläne abzubringen, endgültig versagen.

Ehe das Islamistenregime in Iran den Finger auf den nuklearen Abzugshahn bekommt, wird Israel notfalls alleine militärisch zuschlagen - und entgegen den von so manchem hiesigen Kommentator verbreiteten Klischees würde es dabei keineswegs völlig isoliert dastehen.

Israel darf mit dem Einverständnis der Araber rechnen

Im Zweifelsfall werden die Israelis nicht nur mit der aktiven oder stillen Unterstützung der USA sowie der führenden europäischen Mächte rechnen können, sondern auch mit dem insgeheimen Einverständnis der meisten arabischen Regierungen.

Denn die arabische Welt ist von Irans Atomplänen, wie insgesamt von seiner aggressiven Destabilisierungspolitik im Nahen Osten, nicht weniger alarmiert als der jüdische Staat.

Die arabischen Mächte würden den bösen “Zionisten” daher wohl sogar noch im Stillen applaudieren und ihnen dankbar sein, dem iranischen Erzfeind an ihrer Statt die Grenzen aufgezeigt zu haben.

(Die unangenehmsten Konsequenzen könnte ein Militärschlag am ehesten für das ohnehin sehr angespannte israelische Verhältnis zur Türkei haben.)

Was nun die “apokalyptische Reaktion” betrifft, die Irans Führer Israel und dem Westen für den Fall eines Angriffs prophezeien, so ist diese Drohung ganz bestimmt nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Die “apokalyptische Reaktion” aus Teheran schreckt Israel nicht

Doch bei Abwägung des Schadens, den die großmäuligen Israelhasser in Teheran im Falle eines Falles tatsächlich anrichten könnten, und der existenziellen Bedrohung, der Israel ausgesetzt wäre, verfügten diese islamistischen Apokalyptiker über Nuklearwaffen, ergibt sich die Entscheidung von selbst.

Die Vorstellung etwa, Israel könnte sich aus Furcht vom Handeln abhalten lassen, von Hamas und Hisbollah unter Beschuss genommen zu werden, ist abwegig.

Gewiss sind diese Terrortruppen in der Lage, schlimme Blutbäder unter der israelischen Zivilbevölkerung anzurichten, doch es gibt keinen Grund anzunehmen, Israel könnte nicht mit ihnen fertig werden, trieben sie es zu dreist.

Zweifel über die Bindungen der Hamas zum Iran

Fraglich ist auch, wie weit Hamas und Hisbollah überhaupt noch bereit sind, ihre Existenz für ihren bisherigen Hauptsponsor Iran aufs Spiel zu setzen.

Zwischen Teheran und der Hamas ist es zuletzt vermehrt zu heftigen Spannungen gekommen, und die Hisbollah in Libanon blickt mit Verunsicherung auf die Entwicklung in Syrien, wo die Zukunft des Assad-Regimes als des wichtigsten (weil einzigen) arabischen Verbündeten Irans äußerst ungewiss ist.

Längst sind verstärkte Anstrengungen sowohl von Seiten Ägyptens als auch anderer arabischer Strippenzieher wie Katar im Gange, die Hamas aus dem iranischen Einfluss herauszulösen und in die Neuordnung der arabischen Welt in der Ära nach dem “Arabischen Frühling” einzubinden. (Beim Deal der Hamas zum Austausch Gilad Schalits war der Iran bereits zum widerwilligen Zuschauer degradiert.)

Weder Ägypten noch andere “gemäßigte” arabische Mächte wie Katar - das sich zunehmend als glaubwürdigere Alternative zu Saudi-Arabien in der Rolle des Lenkungszentrums arabischer Interessen profiliert - sind aber derzeit im Geringsten an einer militärischen Konfrontation mit Israel interessiert.

Viel zu sehr sind die arabischen Gesellschaften - von allen anderen Erwägungen abgesehen - damit beschäftigt, ihre eigenen inneren Konflikte in den Griff zu bekommen.

Kann ein Militärschlag Irans Atomprogramm tatsächlich stoppen?

Die politischen Rahmenbedingungen in der Region für einen Militärschlag gegen den Iran sind also derzeit keineswegs ungünstig. Günstiger als in der gegenwärtigen Periode werden sie jedenfalls kaum werden.


Kommentar: Wie bitte? Hier ist die Rede von Krieg, der eine Kette von Gegenreaktionen auslösen würde und dabei bleibt es nicht nur bei einem Militärschlag.


Gefährlich wären die Schockwellen, die eine Militäraktion auslösen könnte, allemal, gänzlich unkalkulierbar sind sie jedoch nicht.

Fragwürdiger ist da schon, ob ein einmaliges Bombardement iranischer Atomanlagen auch tatsächlich zu dem gewünschten Ziel führen kann, das Nuklearprogramm Teherans dauerhaft lahmzulegen, oder ob es dieses allenfalls um ein, zwei Jahre verzögern würde.

Auf Dauer scheint daher eine große Konfrontation, eine Art Showdown mit dem Iran fast unausweichlich, sollten sich dort nicht vorher die Herrschaftsverhältnisse ändern.

Nur ein Systemwechsel kann den Militärschlag wohl verhindern

Denn mit oder ohne Bombe, die auf Subversion und Aufbau ihrer Vorherrschaft ausgerichtete Islamische Republik Iran ist der entscheidende Störfaktor, der einer Neubesinnung und Re-Stabilisierung der von heftigen Umwälzungen erschütterten Region im Wege steht.

Die Lage würde sich wohl schlagartig ändern, käme die theokratische Diktatur in Teheran selbst ins Wanken, würde sie gar zusammenbrechen.

Diese Perspektive freilich bleibt einstweilen in der Sphäre des Wunschdenkens und ist so hypothetisch, dass sich darauf keine realistische strategische Perspektive gründen lässt.

Der Text ist dem Blog unseres Autors entnommen.