In Pakistan haben nach der Jahrhundertflut von 2010 Mitte September erneut schwere Monsunregenfälle zu verheerenden Überschwemmungen geführt. 5,4 Millionen Menschen sind diesmal von der Katastrophe betroffen, darunter über zwei Millionen Kinder.

Nachbar in Not hilft

Der Regen hat nur ein paar Tage gedauert, aber in manchen Regionen ist 8 mal so viel Niederschlag gefallen wie sonst um diese Jahreszeit. Das Problem in diesem Jahr waren nicht Flüsse, die über ihre Ufer getreten sind, sondern die Wassermassen des Monsun. "Dieses Jahr waren die Flüsse ruhig doch die Katastrophe kam von dem Himmel" sagt Wendru Aktrabat aus der Region Sindh. Er konnte sich mit seiner Frau und seinen 6 Kindern auf die nahegelegene Straße retten.

Die Straßen sind hier auf Dämmen gebaut, 1 bis 2 Meter höher, als das endlos scheinende, flache Umland. Nun warten sie hier in einem von Nachbar in Not gespendeten Zelt darauf, dass das Wasser das zerstörte Haus und die Felder wieder frei gibt: „Es ist jetzt fast 2 Monate her, dass die Flut kam und noch immer steht das Wasser etwa 30cm hoch auf meinen Grundstück.“

Ernte vernichtet

So wie Wendru Aktrabat geht es hier der ganzen Region. Nach der Jahrhundertflut von 2010 ist nun auch heuer wieder ein Großteil der Baumwollernte vernichtet. Diesmal trifft das nicht nur die Bauern, sondern auch die Wirtschaft. Ein Großteil der Betriebe hier ist auf die Verarbeitung von Baumwolle spezialisiert. Der erneute Ernteausfall zwingt auch viele Betriebe in den Konkurs. Damit folgt für viele auf den Verlust ihrer Häuser nun auch die Arbeitslosigkeit: Ich musste mir Geld von meinen Landlord ausborgen, damit ich meine Familie ernähren kann, erzählt Muhammad Imbrami

Der Landlord ist ein pakistanischer Großgrundbesitzer - einer der Mächtigen im Land. Rund 90 Prozent der pakistanischen Parlamentarier sind solche Feudalherren. Und jede Flut treibt ihre Arbeiter noch mehr in den Teufelskreis aus Schulden und Abhängigkeit.

Stechmücken verbreiten Dengue-Fieber

Dazu kommt noch der Ausbruch einer Dengue-Fieber-Epidemie. Experten schätzen, dass derzeit eine Million Menschen in Pakistan an der gefürchteten Krankheit leiden. Die großen, stehenden Wasserflächen sind ideale Brutstätten für Stechmücken, die Überträger des Dengue-Fiebers, das bei einem schweren Verlauf oft tödlich endet. Die meisten der Todesopfer sind Kinder.

Um wenigstens die Ausbreitung von Durchfallerkrankungen einzudämmen haben Nachbar in Not und das Rote Kreuz im Überflutungsgebiet die Wasseraufbereitungsanlage des Vorjahres erneut installiert, erzählt Michael Oprisnig vom Roten Kreuz.

Das Wasserholen ist Pakistan vor allem die Arbeit der Kinder. Und wer die leuchtenden Kinderaugen bei der Wasserstelle sieht, der hat hier, in diesem großen und von so vielen Nöten heimgesuchten Land, das erste Mal das Gefühl, das die Hilfe auch wirklich ankommt.