London (Reuters) - In Europa werden gegen Antibiotika resistente Bakterien zu einer immer stärkeren Bedrohung.

Es bestehe dringender Bedarf, gegen die Resistenzen anzukämpfen, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des europäischen Zentrums für Krankheitsprävention (ECDC).

"Wir müssen den Krieg erklären - den Krieg gegen diese Bakterien", sagte ECDC-Direktor Marc Sprenger in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. "Wenn wir dies nicht tun...bekommen wir es mit einer Reihe von Infektionen zu tun und viele gefährdete Patienten erkranken ernsthaft und wir haben keine Antibiotika, um sie zu heilen."

Immer häufiger helfen keine Medikamente mehr, wenn Bakterien zuschlagen. So habe sich etwa in der Europäischen Union die Resistenz bei dem Bakterium Klebsiella pneumoniae gegen ein von Ärzten als letztes Mittel eingesetztes Antibiotikum auf 15 Prozent im Jahr 2010 von rund sieben Prozent fünf Jahre zuvor mehr als verdoppelt. "Was erst recht beunruhigend ist, es gibt einen großen Unterschied zwischen den einzelnen Ländern in Europa - und einige Länder weisen eine Resistenz von nahezu 50 Prozent auf", erläuterte Sprenger.

Der Erreger ist ein häufiger Auslöser für Lungenentzündung, Harnwegs- und Blutinfektionen bei Krankenhauspatienten. Gegen die multiresistente Form des Erregers hilft sogar teils nicht mehr der Einsatz einer hochwirksamen Medikamentengruppe mit Namen Carbapenems, die von Ärzten als letzte Möglichkeit der Bekämpfung eingesetzt wird. In einigen Ländern liege die Resistenz bei Bluterkrankungen zwischen 15 bis 50 Prozent. Die Studie stellt fest, dass in den Ländern, in denen am häufigsten Erkrankungen durch multiresistente Erreger auftreten, auch zum häufigsten Antibiotika-Konsum neigten. Dazu zählen Griechenland, Zypern, Italien, Ungarn und Bulgarien.

Zum großen Teil ist eine Antibiotika-Resistenz darauf zurückzuführen, dass die Medikamente zu häufig und falsch eingenommen werden. Die Bakterien finden dann andere Wege, sich zu vermehren. 50 Prozent der Antibiotika-Gaben in Krankenhäusern könnten unangemessen sein, stellt die ECDC fest. Besorgniserregend sei auch, dass nur einige Pharmafirmen, wie GlaxoSmithKline und AstraZeneca, große Abteilungen für die Erforschung und Entwicklung von Antibiotika hätten.

Im Zusammenhang mit der Ausbreitung von resistenten Keimen warnte erst vor wenigen Tagen das nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerium vor dem übermäßigen Einsatz von Antibiotika in der Hähnchenmast. Eine bundesweit erste Studie zum Einsatz der Medikamente kommt demnach zu dem Ergebnis, dass 96,4 Prozent der Tiere aus den untersuchten NRW-Betrieben mit Antibiotika behandelt wurden, teilweise wurden bis zu acht verschiedene Wirkstoffe verabreicht. Der Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht verstärke die Ausbreitung multiresistenter Keime. Nach Angaben des Ministeriums sind die Studienergebnisse bundesweit übertragbar.

© Thomson Reuters 2011