Sehr religiöse Menschen sind einer Studie zufolge besonders anfällig für abwertende Haltungen gegenüber Minderheiten. «Dies zeigt sich beispielsweise in den Bereichen Sexismus oder Rassismus», stellt die Psychologieprofessorin Beate Küpper fest.
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Schon seit Jahren forscht Küpper zum Thema und hat zuletzt 2000 repräsentativ ausgesuchte Probanden zu «gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit» befragt und dabei den Zusammenhang von Religiosität und Vorurteilen untersucht. Küpper hebt hervor, dass sie dabei eine sozialpsychologische und keine theologische oder philosophische Analyse von Religion betrieben habe.

Der Grund für eine stärker vorurteilsbeladene Haltung liegt ihrer Meinung nach in dem traditionellen Absolutheitsanspruch des Christentums. «Meine Religion ist anderen Religionen überlegen, dahinter steckt eine Einteilung in besser und schlechter», erklärte die Wissenschaftlerin. Hinzu komme, dass religiös geprägte Menschen den Umfragen zufolge meist eine äusserst positive Meinung von sich selbst haben. «Sie fühlen sich sehr sicher in ihren Bewertungen.»

Widerspruch zur Nächstenliebe

In den Studien zeigte sich nach Angaben der Psychologin, dass über ein Fünftel der Protestanten, die sich selbst als sehr religiös einstuften, der Aussage «Die Weissen sind zu Recht führend in der Welt» zustimmten. Bei den Menschen, die sich als glaubensfern beschrieben, teilten nur zwölf Prozent diese Auffassung.

Diese Ergebnisse liessen sich auch nicht durch andere Variablen wie etwa Alter oder Bildungsgrad «wegdiskutieren», sagt Küpper. «Die Kirche muss sich endlich fragen, was da schief läuft.» Die Aufforderung zur Friedfertigkeit und Nächstenliebe des Christentums stehe in eklatantem Widerspruch zu menschenfeindlichen Einstellungen und Handlungen, die mit Religion begründet oder von Gläubigen vertreten und ausgeübt würden.

«Persönlichkeiten und Organisationen berufen sich bei ihrer achtenswerten Arbeit für Hilfebedürftige wie Kranke, sozial Schwache und Ausgegrenzte auf ihren Glauben. Gleichzeitig waren und sind Andersgläubige und Ungläubige Ziel von Angriffen religiöser Menschen», macht Küpper die Religion als Motiv aus, das zugleich für Menschenfreundlichkeit als auch für -feindlichkeit stehe.