Bei einer erneuten Protestwelle in Ägypten ist es zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Über 700 Menschen wurden verletzt, es gab Tote.
Wütende Demonstranten in Kairo
© str/dpaWütende Demonstranten in Kairo

Gut eine Woche vor dem Beginn der Parlamentswahl eskalieren in Ägypten die Proteste gegen den regierenden Militärrat. Nach Berichten gab es Tote. Die Regierung will sich am Sonntag mit den Ereignissen in einer Krisensitzung beschäftigen.

Am frühen Sonntagmorgen schossen Heckenschützen in eine Menge, die vor dem Gebäude des Sicherheitsdienstes in der Hafenstadt Alexandria demonstrierte. Augenzeugen berichteten der Zeitung Al Ahram, dass zwei Menschen ums Leben gekommen seien. Nach Angaben aus dem Gesundheitsministerium wurde ein Mensch erschossen.

In Kairo versuchten Sicherheitskräfte am frühen Sonntagmorgen tausende Demonstranten vom Tahrir-Platz zu vertreiben. Dort kam am Samstag bei schweren Ausschreitungen ein Mensch ums Leben. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden 750 Menschen verletzt, unter ihnen mindestens 40 Angehörige der Sicherheitskräfte. Die Polizei setzte Gummigeschosse und Tränengas gegen Demonstranten ein.

Das Innenministerium bestritt, dass Gummigeschosse oder scharfe Munition benutzt worden seien. Die Demonstranten skandierten Parolen gegen das Innenministerium und das Militär. Noch am Freitag hatten
Zehntausende Menschen friedlich gegen den Militärrat demonstriert.

Demonstranten fordern Machtübergabe an Zivilisten

Einige Dutzend Demonstranten hatten nach der von Islamisten dominierten Großkundgebung am Freitag Zelte auf dem zentralen Platz aufgebaut. Mit der auf unbefristete Zeit angelegten Aktion protestierten sie gegen die vorgeschlagenen Verfassungsleitlinien der Übergangsregierung. Diese sollen unter anderem die Macht des Militärs absichern.

Am Samstag räumte die Polizei aber den Sitzstreik, woraufhin immer mehr Aktivisten versuchten, den Platz zurückzuerobern. Rund 5.000 Demonstranten sollen in kurzer Zeit zum Tahrir-Platz geströmt sein. Nach Angaben von Augenzeugen bewarfen sie Polizisten mit Steinen. Nach Berichten des Staatsfernsehens wurde auch ein Polizeiwagen angezündet. Nach Angaben des Innenministeriums gab es 20 Festnahmen. Noch am Abend strömten immer mehr Menschen ins Stadtzentrum und errichteten um den Tahrir-Platz herum provisorische Straßensperren. Es kam dabei immer wieder zu Scharmützeln mit der Polizei.

Am Freitag waren Zehntausende Menschen Aufrufen der Muslimbruderschaft und der radikalen Salafistenbewegung gefolgt und in Kairo und Alexandria auf die Straße gegangen. Auch Angehörige linker und liberaler Gruppen schlossen sich dem Protest zehn Tage vor den Parlamentswahlen an. Sie forderten den Militärrat auf, bis spätestens im kommenden Mai die Macht an Zivilisten zu übergeben.

In Ägypten wird vom 28. November an in drei Phasen ein neues Parlament gewählt. Anschließend soll das Land eine neue Verfassung bekommen. Die Islamisten, die sich gute Chancen ausrechnen, wollen bei diesem Prozess keine Beschränkungen akzeptieren. Der Militärrat hat nach dem Sturz von Husni Mubarak im Februar die Macht übernommen.