Münsterland - Das Krokodil hat im Münsterland nicht zugebissen. Noch nicht. „Gott sei Dank“, sagt Edwin Scholz, Geschäftsführer der Drogenberatungsstellen Ahlen. Eine Umfrage unter den Drogenberatern des Münsterlands hat ergeben, dass sie keine Klienten kennen, die die neue Droge schon genommen haben.

Die wird wahlweise auch als Todes-, Elends- oder fleischfressende Billigdroge bezeichnet. Aus gutem Grund: Sie beschädigt Haut- und Gewebe, kann Amputation, Leberversagen und platzende Blutgefäße zur Folge haben. Das Gemisch aus Hustentabletten, Phosphor, Blei, Zink und Antimon-Oxid lässt die Abhängigen regelrecht verfaulen.

Die Alarmglocken schrillen ließen vier Abhängige, die sich vor ein paar Wochen bei der Bochumer Krisenhilfe gemeldet hatten und an den für „Krok“ typischen Symptomen litten. Deswegen ging ihr Arzt davon aus, dass ihrem Heroin Desomorphin und andere Stoffe beigemischt waren.

Allerdings: Die Sorge, dass die tödliche Droge jetzt auch in NRW angekommen ist, war vermutlich verfrüht. Mittlerweile sprechen Indizien dafür, dass die Substanz, die in Bochum Krokodil-Alarm ausgelöst hatte, doch etwas anderes war. Jedenfalls fand sich in neun Heroinproben, die die Polizei im Oktober am Bochumer Hauptbahnhof beschlagnahmt hatte, kein Desomorphin - genauso wenig wie Schwermetalle, Phosphor und Jod.

Ein Sprecher der Polizei in Bochum vermutet, dass den Junkies aus Bochum gepanschtes Heroin untergeschoben worden ist. „Keiner weiß, was in diesem Zeug drin ist. Darum geht davon eine große Gefahr für Leib oder Leben aus“, sagte er. Schließlich sei das einer der Gründe, dass die Polizei „empfehle, keine illegalen Drogen zu nehmen“.

Abhängige haben in der Regel keine Chance, zu überprüfen, was ihnen der Dealer unter die Nase hält. Auf den ersten Blick ist jedenfalls kein Unterschied zu erkennen. Drogendealer halten sich an keine Qualitätsstandards. Und Astrid Eikel, Drogenberaterin der Stadt Münster, weiß, dass Kranke ohnehin nicht wählerisch sind. Gerade auf Entzug „ist denen dann egal, was sie nehmen“, sagt sie. Bernard Garling, Drogenberater aus Rheine, hat die Erfahrung gemacht, dass gerade Abhängige, die aus Russland stammen, „Kamikaze-mäßig unterwegs“ sind.

Deswegen wirbt er für mehr Druckräume, in denen Süchtige ihren Stoff testen können. „Das würde ihnen Sicherheit geben.“ Schließlich seien die Abhängigen Kranke und keine Verbrecher. Ohne solche Standards bleibt den Drogenberater nichts anderes übrig, als ihre Patienten zu warnen.

Im Münsterland hängen an Spritzenautomaten Plakate, und Sozialarbeiter informieren persönlich:

„Aufklärung in der Szene ist ganz wichtig“, sagt Astrid Eikel. Oder sie machen es so wie der Klient des Gronauer Drogenberaters Franziskus Siegers. Dessen Patient war mal ein Junkie und hält sich jetzt mit Methadon über Wasser. Als er die Bilder von Süchtigen sah, die Krokodil probiert hatten, sagte er erschrocken: „Damit hab ich nichts mehr zu tun. Zum Glück.“