Bei Mäusen konnte eine geschädigte Gehirnregion durch die Transplantation von Nervenzellen repariert werden. Die gestörte Gehirnfunktion hatte bei den Tieren Übergewicht verursacht, das nach dem Eingriff verschwand.
Gehirn
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Eine kleine Ursache mit großer Wirkung sind manche Botenstoffe im Gehirn. Können sie ihre Informationen aufgrund einer genetischen Störung nicht richtig übertragen, können Mäuse zum Beispiel unter Fettsucht leiden.

Werden den Tieren jedoch noch nicht vollständig ausgebildete Nervenzellen von Embryonen in die entsprechende Gehirnregion eingesetzt, verlieren die übergewichtigen Tiere beinahe ein Drittel ihres Gewichts. Die implantierten Nervenzellen übernehmen die ausgefallenen Funktionen der Originalzellen und kommunizieren mit den umliegenden Nervenzellen.

Ein Hormon fürs Gewicht

Bei den defekten sowie implantierten Zellen handelte es sich um jene des Hypothalamus, einem Abschnitt des Zwischenhirns. Diese Gehirnregion reguliert Hunger, den Stoffwechsel, die Körpertemperatur, sexuelles Verhalten und Aggression.

In diesem Bereich des Gehirns fehlte den übergewichtigen Mäusen ein Rezeptor für das Hormon Leptin, das den Stoffwechsel reguliert und das Körpergewicht beeinflusst. Die implantierten Neuronen haben sich im Gehirn der kranken Mäuse in vier verschiedene Zelltypen differenziert und die Informationsübertragung für dieses Hormon wieder aufgebaut.

Das Gehirn beim Mechaniker

Das Entscheidende an der Operation war aber nicht das Verschwinden des Übergewichts. Laut den Forschern wäre der beschriebene Eingriff kein praktisch tauglicher Ansatz, um Fettleibigkeit zu bekämpfen. Das Revolutionäre an dem Versuch ist, dass es gelungen ist, eine fehlende Gehirnfunktion wieder herzustellen. Diese Technik wäre damit ein Schritt auf dem Weg dazu, eines Tages Gehirne reparieren zu können, die infolge eines Traumas oder einer Krankheit beschädigt worden sind.

Denn das Problem des Gehirns besteht darin, dass in dem Organ bei Erwachsenen meist keine neuen Nervenzellen gebildet werden. Diesen Prozess der Neurogenese kennt man nur von zwei Gehirnregionen, sagt Studienautor Jeffrey Macklis von der Universität Harvard: dem Riechkolben und einer Unterregion des Hippocampus, dem Gyrus dentatus. Die Gehirnzellen, die im Erwachsenenalter dort neu entstehen, übernehmen Macklis zufolge gewissermaßen die Lautstärkenregelung beim Übertragen bestimmter Signale.

Schaltkreise wieder herstellen

Vor einigen Jahren konnte ein weiterer Autor der Studie, Jeffrey Flier, Vorstand der Harvard Medical School, durch Medikamente das Gehirn dazu anregen, neue Neuronen zu bilden. Unklar blieb jedoch, ob diese neu entstandenen Zellen ebenso funktionierten, wie die natürlich entstandenen. Mit dem neuen Experiment sei jedoch gezeigt worden, dass mit den eingesetzten Neuronen bestimmte Schaltkreise im Gehirn wieder hergestellt werden können.

Die Studie:
"Transplanted Hypothalamic Neurons Restore Leptin Signaling and Ameliorate Obesity in db/db Mice" ist in der aktuellen Ausgabe von Science erschienen (Abstract, sobald online).