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© Atta Kenare/AFP/Getty ImagesIranische Demonstranten dringen in ein Gelände der britischen Botschaft in Teheran ein.
Auf das Gelände zweier Komplexe der britischen Botschaft in Teheran sind Protestierende eingedrungen. Beobachter fürchten um das Leben der Diplomaten.

Demonstranten in der iranischen Hauptstadt Teheran haben das Gelände der britischen Botschaft gestürmt. Zuerst drangen sie auf eines der Grundstücke der Vertretung vor, wo sich das Botschaftsgebäude befindet, und entfernten die britische Flagge. Im Staatsfernsehen war zu sehen, wie die Protestierenden zudem Fensterscheiben mit Steinen einwarfen und britische und israelische Flaggen anzündeten. Ein Demonstrant war zu sehen, wie er mit einem Porträt von Queen Elizabeth II. die Mauer des Gebäudes hinaufkletterte.

Trotz der Anwesenheit von Polizei und Spezialkräften kletterten Hunderte Demonstranten über die Botschaftsmauer, wie Augenzeugen berichteten. Die Protestierenden kamen von einer anti-britischen Kundgebung.

Nach Informationen des Iran-Experten der Grünen, Omid Nouripour, ist die Lage in der Botschaft in Teheran dramatisch. Es gebe Grund, um das Leben der Diplomaten zu fürchten, sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion in Berlin. Unter den angeblichen Demonstranten seien auch Kräfte, die bei der brutalen Niederschlagung der iranischen Demokratiebewegung aktiv gewesen seien.

Außerhalb der britischen Botschaft riefen Hunderte Demonstranten "Tod für Großbritannien". Erst eine halbe Stunde nach der Erstürmung waren Polizisten auf den Botschaftsmauern zu sehen, wie sie weitere Demonstranten davon abhielten, auf das Gelände vorzudringen. Nach und nach gelang es ihnen, die meisten Demonstranten aus dem Gelände zu vertreiben. Am Abend gelangten Demonstranten jedoch erneut durch den Haupteingang auf das Gelände, wie das Staatsfernsehen berichtete.

Weiteres britisches Gebäude besetzt

Wenig später stürmten nach Informationen der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur Irna rund 200 Angehörige der regierungstreuen Basidsch-Miliz eine zweite diplomatische Einrichtung Großbritanniens im Norden Teherans. Auf dem Gelände befinden sich Gästehäuser für britische Diplomaten sowie deutsche, britische und französische Schulen. Die Demonstranten hätten dort "vertrauliche Dokumente und Spionagedokumente beschlagnahmt", so die Agentur.

Irna berichtete, die Demonstranten würden dort Ausländer "beschützen", ohne weitere Angaben zu machen. Ein britischer Diplomat sagte, alle Briten, die sich auf dem Gelände befänden, seien in Sicherheit.

Die Demonstranten protestierten gegen die jüngst erhobenen britischen Sanktionen im Atomstreit mit Iran. Das Parlament in Teheran hatte wegen der Sanktionen den britischen Botschafter aus Teheran ausgewiesen. Zudem wurde der iranische Botschafter aus London abgezogen. Die Regierung in London hatte vor einer Woche ihre Sanktionen gegen die Islamische Republik verstärkt.

Anlass der Proteste ist auch der Todestag des Nuklearwissenschaftlers Madschid Schahriari, berichtete der Guardian. Einige Demonstranten trugen Bilder des Iraners. Vor genau einem Jahr war Schahriari bei einem Bombenanschlag getötet worden. Iran wirft dem israelischen Geheimdienst Mossad vor, die Tat begangen zu haben. Wie der Guardian berichtete, sind viele Iraner überzeugt, dass Großbritannien hinter den meisten Angriffen gegen ihr Land stecke.

Die britische Regierung verurteilte die Ereignisse in Teheran. "Wir sind empört", hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums. "Das ist völlig unannehmbar, und wir verurteilen es." Zuvor hatte die Regierung in London mitgeteilt, sie werde "kraftvoll" reagieren, sollte Teheran tatsächlich den Botschafter ausweisen. Das iranische Außenministerium "bedauerte" am Abend den Angriff auf die Botschaft.

Der Westen wirft Iran vor, nach Atomwaffen zu streben. So hatte etwa die Internationale Atomenergiebehörde IAEA vor wenigen Wochen eine Analyse vorgelegt, in der sie über ein iranisches Atombombenprogramm berichtete. Die Regierung in Teheran weist dies zurück.

ZEIT ONLINE, AFP, Reuters, dpa