Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist nicht nur in Hinblick auf seine Doktorarbeit mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert. Mitarbeiter der Internet-Plattform GuttenPlag Wiki werfen ihm jetzt vor, in ähnlich fehlerhafter Arbeitsweise wie bei der Dissertation 2006 beim Verfassen eines Aufsatzes im Jahr 2004 agiert zu haben.

Auf 13 von 23 Textseiten des außenpolitischen Aufsatzes mit dem Titel "Die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU - eine ,Privilegierte Partnerschaft' " haben die Rechercheure Textübernahmen aus verschiedenen Quellen nachgewiesen, darunter Zeitungsartikel, Ausarbeitungen der Europäischen Union und ein Dokument des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages.

Guttenberg reagierte prompt auf die neuen Vorwürfe: "Die Internetplattform liegt mit ihren Gegenüberstellungen vollkommen richtig", sagte er dieser Zeitung. Im Gegensatz zur Doktorarbeit handele es sich bei dem Text aber "um ein politisches Papier, das in meinem Bundestagsbüro - unter Mithilfe meiner Mitarbeiter - im Rahmen meiner Mandatstätigkeit entstanden ist und das ursprünglich als Argumentationshilfe für die CSU-Landesgruppe entworfen wurde."

Selbstverständlich seien hierbei fremde Quellen genutzt worden, sagte Guttenberg, da ja "lediglich eine politische Meinung unterfüttert werden sollte". Der CSU-Politiker fügte hinzu, unter der Maßgabe von GuttenPlag "lassen sich wahrscheinlich Tausende Stellen in politischen Papieren, Reden und Vorträgen als Plagiate bezeichnen".

Die Aktivisten von GuttenPlag halten dagegen: "Unsere Analyse zeigt, dass sich hier in kleiner Form das Bauprinzip der Doktorarbeit widerspiegelt." Sie erheben schwere Vorwürfe: "Wenn Guttenberg sagt, dass er in seiner Dissertation aufgrund deren erheblichen Umfangs den Überblick verloren habe, dann ist das gelogen." Es stelle sich die Frage, ob man "in einem Aufsatz von wenigen Seiten den Überblick verlieren kann".

Tatsächlich, so die GuttenPlag-Rechercheure weiter, handele es sich hier "schlicht um Guttenbergs Arbeitsweise beim Verfassen von Texten, die sich die eigene Formulierungsarbeit ersparen möchte". In der späteren Doktorarbeit spielt der Aufsatz keine Rolle.

mbd, krl