Nicht nur Menschen bringen Klänge automatisch mit unterschiedlich hellen Farben in Verbindung. Das haben deutsche und japanische Forscher erstmals zeigen können. Wenn Schimpansen helle Farben erkennen sollen und dabei tiefe Töne hören, kommen sie demnach ähnlich ins Schleudern wie menschliche Testpersonen.
Schimpanse
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„Die Verknüpfung stellt also nicht etwa ein kulturell erlerntes oder linguistisches Phänomen dar“, folgern Vera Ludwig von der Berliner Charité und Ikuma Adachi von der Kyoto-Universität. „Vielmehr handelt es sich um eine grundlegende Eigenschaft des sensorischen Systems der Primaten“, schreiben die Forscher in den Proceedings of the National Academy of Sciences.

Im Deutschen und in vielen anderen Sprachen werden Sopran- und Kinderstimmen als hell bezeichnet, die Töne eines Basses dagegen als dunkel. Auch verknüpfen Menschen helle Töne unwillkürlich mit geringerer Größe, einer stärker gezackten Form und einer höheren räumlichen Position. Ludwig und Adachi gingen der Frage nach, ob es solche Verknüpfungen akustischer und visueller Merkmale auch bei Schimpansen gibt.

Die Forscher rekapitulierten ein Experiment, das ein amerikanischer Psychologe in den 80er-Jahren durchgeführt hatte - zusätzlich zu 33 Menschen nahmen nun allerdings auch sechs Schimpansen (Pan troglodytes) teil. Bei dem Versuch ging es darum, weiße bzw. schwarze Quadrate auf einem Bildschirm als solche zu erkennen und einzustufen, während im Hintergrund ein hoher oder ein tiefer Ton erklang.

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Erklang bei der hellen Farbe der tiefe Ton oder umgekehrt, taten sich sowohl die Menschen als auch die Schimpansen etwas schwerer mit der Aufgabe. Die Ursachen waren allerdings verschieden: Die menschlichen Teilnehmer blieben weiterhin praktisch fehlerfrei, ihre Reaktionszeit stieg allerdings um gut zwei Prozent auf 0,67 Sekunden, wenn Ton- und Farbhelligkeit nicht zueinander passten. Bei den Affen stieg dagegen die Fehlerquote um rund ein Fünftel auf 8,2 Prozent, während die Reaktionszeit gleichblieb. Eine Erklärung für diesen Unterschied vermuten die Forscher in einer stärkeren Impulsivität aufseiten der Schimpansen und in einem stärkeren Streben nach Korrektheit aufseiten der menschlichen Teilnehmer.

Forschung: Vera U. Ludwig, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité, und Institut für Psychologie, Humboldt-Universität zu Berlin; Ikuma Adachi und Tetsuro Matsuzawa, Primate Research Institute, Kyoto University, Inuyama
Veröffentlichung PNAS, DOI 10.1073/pnas.1112605108