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© DPA/DPADiese Scherben sollen beweisen, dass die Bewohner von Hammaburg vor den Wikingern im Jahr 845 200 Kilometer weit geflohen sind
Es sind zunächst nur unscheinbare Scherben. Doch der Fund einer internationalen Grabungsmannschaft liefert Hinweise auf den Verbleib der ersten Hamburger. Diese waren im Jahr 845 vor den Wikingern in die rund 200 Kilometer entfernten Wälder des Sollings geflohen.

Einige Hände voll unscheinbarer rötlicher Scherben sollen es beweisen: Als die Wikinger im Jahr 845 mit einer großen Flotte die Elbe hochzogen und die Hammaburg - die Keimzelle Hamburgs - zerstörten, flüchteten die überlebenden Bewohner in die über 200 Kilometer entfernten dichten Wälder des Sollings. Eine internationale Grabungsmannschaft des Archäologen Hans-Georg Stephan von der Universität Halle-Wittenberg fand diese Scherben im Sommer in der Dorfwüstung Schmeesen und einigen kleinen Streusiedlungen im Kreis Holzminden. Sie konnte damit den Verbleib der ersten Hamburger klären.

"Unsere Auswertung ergab jetzt zweifelsfrei, dass diese Vorratsgefäße und Kochtöpfe von Töpfern angefertigt worden waren, die damals aus der Gegend der Hammaburg, dem nordischen Missionszentrum des Erzbischofs Ansgar, kamen", sagte Stephan. Die Art, Tongefäße mit ihren Knochenkämmen zu verzieren und die Formen kämen nur in der Elbniederung bei Hamburg vor.

"Die Gefäße sind auch nicht mitgebracht worden oder als Handelsware in die von wenigen Menschen bewohnte Waldregion gelangt. Das können wir ausschließen", sagte Stephan, der sich seit Jahrzehnten mit Keramik aus ganz Europa befasst.

Die Untersuchungen hätten ergeben, dass die Küchenkeramik von den vielleicht 200 Menschen, die sich lebend aus der Hammaburg und der daneben liegenden kleinen Kaufmanns- und Handwerkersiedlung retten konnten, nach ihrer Ankunft selbst vor Ort hergestellt worden sind.

"Sie weisen zwar die nur für die Elbregion typischen Verzierungen auf", berichtete der Archäologe. "Der Ton wurde aber mit rotem Sand aus zerfallenem Sandstein geholt und der kommt im Solling massenhaft, aber im Raum Hamburg überhaupt nicht vor. Sie wurden also im Solling gebrannt." Außerdem hätten die anderen Töpfer in den weit verstreut liegenden kleinen Solling-Siedlungen ihre Produkte im 8. und 9. Jahrhundert überhaupt noch nicht verziert.

Aus schriftlichen Quellen ist bekannt: Die Hammaburg wurde ausgeplündert und niedergebrannt. Bischof Ansgar gelang die Flucht nach Bremen - er wurde später Bischof von Bremen, aber auch wieder von Hamburg. "Was aus den in den Solling Geflüchteten wurde, können wir nur vermuten", sagte der Wissenschaftler.

Das Wahrscheinlichste sei, dass sie von der Bevölkerung aufgenommen wurden und dort blieben. Neben Schmeesen gibt es in dem damals von Wölfen und Bären durchzogenen Waldgebiet noch einige kleine namenlose Flüchtlingssiedlungen, die wieder verschwunden sind.

"In diesen winzigen Orten haben wir diese unverkennbaren Scherben zuerst gefunden, und wir haben nur die Erklärung, dass die mitgeflüchteten Töpfer ganz schnell dafür sorgten, dass Frauen nach der wochenlangen Flucht wieder zu Kochtöpfen kamen."