Bei der Auswertung der Statistiken des Zollkriminalamts und der Zollfahndungsämter fällt auf, dass diese im ersten Halbjahr 2011 fast so viele „Stille SMS“ (227.587) zu Ortungszwecken verschickt haben wie im Verlauf des gesamten Vorjahres. Dies geht aus einem Schreiben des Bundesministeriums des Innern hervor, welches eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (Die Linke) beantwortet.
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© Alexander LeducStaatliche Überwachung

Bundespolizei (BPOL) und Militärischer Abschirmdienst (MAD) erstellen oder veröffentlichen keinerlei Statistiken über die Anzahl der verschickten „Stillen SMS“. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat nach eigenen Angaben im Vorjahr 96.314 solcher Kurznachrichten verschickt. Diese erzwingen grob beschrieben vom entsprechenden Mobiltelefon einen unmerklichen Kommunikationsvorgang mit der nächstgelegenen Funkzelle. Werden die Mobilfunkanbieter zur Herausgabe der Standortdaten veranlasst, kann man anhand der Uhrzeit und der nahe gelegenen Funkzelle genaue Bewegungsprofile der Verdächtigen erstellen. Die Ermittler wissen also beispielsweise, dass dieser jeden Dienstag ab 18:30 Uhr zu seinem Sportverein fährt, um zu trainieren oder sie/er regelmäßig jeden Mittwoch die Oma im Altenheim der Nachbarstadt besucht und sich danach mit anderen Verdächtigen trifft. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) verschickte in 2010 107.852 „Stille SMS“, der Zoll über 236.000 Tausend solcher Nachrichten. Da BPOL und MAD keine Daten erheben wollen, kann die Gesamtzahl der durchgeführten Überwachungen nur sehr grob geschätzt werden.

MdB Andrej Hunko dazu:
Die mir vorgelegten Zahlen zur Nutzung sogenannter ‚Stiller SMS‘ belegen deren ausufernde Nutzung durch Polizeien und Geheimdienste des Bundes. Besonders der rasante Anstieg dieser Maßnahmen durch Kriminalbehörden des Finanzministeriums ist bedenklich. (...) Nach Durchsicht der Antwort sticht vor allem die Zunahme beim Zollkriminalamt bzw. den Zollfahndungsämtern ins Auge, die dem Finanzministerium und damit Wolfgang Schäuble unterstehen. Dessen Behörden haben allein in der ersten Hälfte diesen Jahres 227.587 unsichtbare SMS versandt - beinahe ebenso viele wie im gesamten Jahr 2010. Auch beim Bundeskriminalamt zeichnet sich in den letzten fünf Jahren eine Zunahme des Ausspähens von Mobiltelefonen ab. Die Bundespolizei und der Militärische Abschirmdienst führen hingegen keine Statistiken bzw. haben sie bereits gelöscht.
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Hunko kritisiert auch den intensiven Einsatz der sogenannten ‚IMSI-Catcher‘, die verzögerungsfrei anzeigen können, welche Mobiltelefone sich im Umkreis einer Funkzelle eingebucht haben. Damit können Ermittler zum Beispiel bei Demonstrationen einsehen, welche Personen anwesend sind. Das schließt auch die bei der Demo mitgeführten Mobilfunktelefone von anwesenden Journalisten, Rechtsanwälten oder Geistlichen nicht aus. Natürlich werden auch alle anderen Personen erfasst, die sich zufällig in der Nähe der Demonstration aufgehalten haben. Die Herstellung, Nutzung und der Export derartiger Überwachungstechniken müsse laut Hunko strikter kontrolliert werden. Mobiltelefone wurden eigentlich dazu erschaffen, zu telefonieren und nicht, damit man damit massenhaft das eigene Volk bepitzelt und überwacht.

Text-Quellen: Andrej Hunko