In den ersten drei Schwangerschaftsmonaten reagieren Ungeborene offenbar besonders empfindlich auf mütterlichen Stress: Eine Naturkatastrophe zu diesem Zeitpunkt erhöht das Risiko einer Frühgeburt - vor allem für Mädchen.
Frühchen im Brutkasten
© mehmetcan / shutterstock.comFrühchen im Brutkasten.

NEW YORK (mut). Hat die Mutter während der Schwangerschaft viel Stress, wirkt sich dies mitunter ungünstig auf die Entwicklung des Kindes aus.

Diskutiert werden ein geringeres Geburtsgewicht, ein erhöhtes Risiko, später im Leben Diabetes, KHK oder eine psychische Erkrankung zu bekommen, eine verkürzte Lebenszeit oder aber eine zu frühe Geburt.

Letzteres haben nun US-Forscher anhand eines chilenischen Geburtsregisters für die Jahre 2004 bis 2006 erforscht (Hum Reprod 2011; online 7. Dezember).

Dabei untersuchten Dr. Florencia Torche und Dr. Karine Kleinhaus aus New York die Auswirkungen eines Erdbebens der Stärke 7,9 auf den Geburtszeitpunkt. Das sogenannte Tarapaca-Erdbeben erschütterte am 13. Juni 2005 den äußersten Norden Chiles.

Betroffen waren etwa 270.000 Menschen. Mit elf Toten und 130 Schwerverletzten waren die akuten Folgen moderat, die Wirtschaftsleistung der Region brach in den folgenden Monaten allerdings um über 20 Prozent ein.

Daten von etwa 7000 Geburten analysiert

Die beiden Forscherinnen schauten nun bei etwa 7000 Geburten in der Region, ob es vor und nach dem Erdbeben Unterschiede beim Geburtszeitpunkt gab.

Wurde dabei der jeweilige Gestationsmonat zum Zeitpunkt des Erdbebens berücksichtigt, dann ergab sich für Ungeborene im zweiten und dritten Monat ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt.

So kamen Babys, die das Beben im dritten Monat traf, im Schnitt knapp zwei Tage zu früh zur Welt. Die Frühgeburtenrate erhöhte sich dabei von 6,0 auf 9,4 Prozent - verglichen mit dem Jahr davor.

Erlebte die Mutter das Erdbeben im zweiten Monat, so erblickte das Kind das Licht der Welt noch etwas mehr als einen Tag zu früh.

Zusammenhang mit dem Erdbeben liegt nahe

Ähnliche Unterschiede traten in einer benachbarten Region, die vom Erdbeben verschont wurde, nicht auf, sodass ein Zusammenhang mit dem Beben nahe liegt.

Insgesamt schienen das Erdbeben und der dadurch ausgelöste mütterliche Stress die künftigen Knaben etwas weniger zu beeindrucken als die Mädchen: Die männlichen Babys hielten sich etwas besser an den natürlichen Zeitplan für den Geburtstermin.

Torche und Kleinhaus sehen in ihrer Studie einen weiteren Hinweis, dass viel mütterlicher Stress, wie er bei einer Naturkatastrophe zu erwarten ist, die Schwangerschaft verkürzt.