Das Opfer hatte keine Chance: Zwei Männer passten in der niedersächsischen Stadt Sarstedt einen Mann offenbar an einer roten Ampel ab und töteten ihn dann mit mehreren Schüssen. Die Hintergründe sind unklar.
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Es ist eine rote Ampel, die das Schicksal des Autofahrers besiegelt. Am Neujahrsabend gegen 23.15 Uhr muss er an einer Kreuzung halten, mitten im niedersächsischen Sarstedt, südlich von Hannover. Zwei Männer treten an den Wagen heran und feuern durch die Beifahrertür mehrere Schüsse auf den Fahrer ab. So erzählen es Augenzeugen später der Polizei. Der Tatort ist mit Patronenhülsen übersät, die Täter wollten offenbar sicher gehen, dass der 35-Jährige aus dem nahen Hildesheim stirbt. Sie können fliehen, die Fahndung der Polizei bleibt zunächst erfolglos.

Das Opfer ist syrischer Staatsbürger und dies legt den Verdacht nahe, dass der Mord einen politischen Hintergrund haben könnte. Syriens Machthaber Baschar al-Assad lässt in seinem Land auf Demonstranten schießen, sein Geheimdienst beobachtet Oppositionelle im Ausland. Erst an Weihnachten war in Berlin der syrischstämmige Grünen-Politiker Ferhad Ahma, der als Mitglied im Nationalrat der syrischen Oppositionsbewegung aktiv ist, in seiner Wohnung von Unbekannten mit Schlagstöcken attackiert worden. Ahma vermutet einen Angriff des syrischen Geheimdienstes, was jedoch laut Polizei nicht belegt ist. Das Auswärtige Amt hatte daraufhin dennoch den syrischen Botschafter vor Drohungen gegen Oppositionelle in Deutschland gewarnt.

Auch im Falle des in Sarstedt Ermordeten haben die Ermittler keine Hinweise darauf, dass Assads Schergen eine Mordaktion in Deutschland ausgeführt haben könnten. "Wir haben derzeit keinerlei Anhaltspunkte für einen fremdenfeindlichen oder politisch motivierten Anschlag", sagte der Hildesheimer Oberstaatsanwalt Bernd Seemann am Montag. Nach ersten Erkenntnissen habe sich das Opfer nicht durch Proteste gegen Assad profiliert. Es gebe bereits erste Hinweise, um die Täter zu ermitteln, aber noch keine dringend Tatverdächtigen, sagte Seemann.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung könnte es sich bei dem Mord um ein Familiendrama handeln. Nach Angaben eines Bekannten der Familie des Opfers war der Mann mit einer verheirateten Frau liiert, diese soll aus dem Libanon stammen. Sie soll zu ihrer Ehe gezwungen worden sein und mehrere Kinder haben, sich aber in den 35-Jährigen verliebt haben. "Beide Seiten sind miteinander verwandt - irgendwann sind die beiden zusammen abgehauen", sagte der Bekannte.

Auch der jetzt Ermordete hat demnach mehrere Kinder. Wegen der Affäre mit der anderen Frau war er demnach jedoch von seiner Ehefrau vor einem Jahr verlassen worden. Seine Geliebte hatte ebenfalls ihren Mann verlassen und soll in einem Frauenhaus untergekommen sein. Wie der Bekannte der Familie weiter sagte, hielt sich das Opfer seit dem Jahr 1995 in Deutschland auf. Nachdem die Beziehung des Mannes mit der verheirateten Frau bekannt wurde, habe es Drohungen aus der Familie seiner Geliebten gegeben.

SZ vom 03.01.2012/infu