indische Mönche meditieren
© myself, cc-by-sa 2.5 USArchiv: Buddhistische Mönche meditieren im indischen Jetavana-Kloster nahe Sravasti in Uttar Pradesh.
Cambridge/ USA - Wissenschaftler der Universitäten Harvard, Yale und Massachusetts haben erstmals nachgewiesen, dass Meditation die physische Struktur unseres Gehirns verändern kann. In ihrer Studie zeigen die Forscher eine Zunahme der Dichte von Teilen des Gehirns der Meditierenden, die für Aufmerksamkeit und der Verarbeitung von Sinneseindrücken verantwortlich sind.

Wie die Forscher berichten, ist die Zunahme der Dichte der grauen Hirnsubstanz in einer der Hirnregionen bei älteren Menschen deutlicher als bei jungen. Diese Erkenntnis ist für die Wissenschaftler von besonderem Interesse, da es sich bei diesen Regionen um Teile den menschlichen Kortex handelt, die mit zunehmendem Alter eigentlich dünner werden.

"Unsere Daten belegen, dass Meditation die kortikale Plastizität in Hirnregionen fördert, die wichtig für die kognitive und emotionale Verarbeitung von Eindrücken als auch für Wohlbefinden sind" erläutert die Leiterin der Studie, die Psychologin Sara Lazar von der Harvard Medical School.

Damit stimmen die Ergebnisse mit jenen früherer Studien überein, die eine Zunahme der Dichte der grauen Substanz der für Musik verantwortlichen Hirnareale bei Musikern oder in den visuellen und motorischen Hirnregionen bei Jongleuren nachweisen konnten. "Mit anderen Worten: Die Struktur des menschlichen erwachsenen Gehirns kann sich als Reaktion auf wiederholtes Üben (auch noch im Alter) verändern."

Für ihre Studie verglichen die Forscher Hirnscans von 20 mit Meditation erfahrenen Personen mit denen von 15 nicht meditierenden Personen. Während der Scans selbst meditierten die Meditierer, während die in dieser Praxis unerfahrenen Personen sich einfach nur versuchten, sich auf ihre ganz eigene Art und Weise zu entspannen. Die Meditierenden praktizierten hierbei die buddhistische Meditationspraxis der sogenannten Einsichtsmeditation (Vipassana), bei der sich der Meditierende ganz auf sein Inneres, auf Geräusche und/oder Körpereindrücke konzentriert, und die weder das bekannte "Om"-Singen oder die Rezitation anderer Mantras oder Gesänge beinhaltet.

Wie die Forscher in der "Harvard Gazette" berichten, war hierbei das Ziel, sich auf die Körpereindrücke selbst und weniger auf Gedanken über diese zu konzentrieren. "Hört man beispielsweise plötzlich ein Geräusch, so hören die Meditierenden diesem Geräusch zu, anstatt darüber nachzudenken", erläutert Lazar und fährt fort: "Wenn ihr Bein einschläft, so nehmen sie nur den physikalischen Eindruck war. Wenn es nichts gibt, so konzentriert man sich lediglich auf den eigenen Atem. Erfahrene Meditierende sind hierbei in der Lage, nicht mehr an komplexe Dinge zu denken."

Die Scans selbst dauerten jeweils rund 40 Minuten pro Tag. Einige der untersuchten Meditierenden hatten erst ein Jahr Erfahrung mit der Meditationspraxis, andere praktizierten diese bereits seit Jahrzehnten. Die stärksten Veränderungen zeigten sich bei jenen Meditierenden, die sich am tiefsten ihrer Meditation hingeben konnten - ein Zustand, den die Forscher durch eine reduzierte Atemfrequenz feststellten.

"Diese Beobachtung belegt sehr deutlich, dass die Unterschiede in der Hirnstruktur durch die Meditation hervorgerufen wurden und nicht die Hirndichte der entsprechenden Areale zur vertieften Meditation führten", so Lazar.

Einsichtsmeditation, so die Studienleiterin weiter, "kann jederzeit und überall praktiziert werden. Menschen die diese Technik schnell anwenden, bemerken oft, dass das, was in ihren Köpfen vor sich geht, hauptsächlich mit zufälligen Gedanken mit nur wenig Substanz einhergeht. (...) Das Ziel der Meditation ist es nicht, den Kopf zu leeren, sondern sich nicht von zufälligen Gedanken fesseln zu lassen."

"Wer beispielsweise einen wichtigen Abgabetermin vor Augen hat, tendiert oft dazu, sich darüber sorgen zu machen, was wohl passiert, wenn er oder sie den Termin nicht einhalten kann - selbst dann, wenn ihr Produkt schon gut genug ist, um den gestellten Anforderungen zu genügen. Diese Sorge um das 'was passiert wenn- kann uns ganz verrückt machen. Wenn man sich aber stattdessen auf den aktuellen Moment konzentriert - darauf, was noch getan werden muss und was gerade jetzt passiert, dann vergeht dieses Gefühl von Stress. Gefühle werden weniger hinderlich und stattdessen deutlich motivierender."

Die Zunahme der Dichte der grauen Substanz in den entsprechenden Hirnarealen entspricht zwar nur gerade einmal 2 bis 4 Tausendstel eines Zentimeters, doch stehe diese Zunahme in einem direkten proportionalen Verhältnis zu jener Zeit, die die entsprechende Person während ihres Lebens bereist meditiert hat. "Diese Erkenntnis legt wiederum nahe, dass der Unterschied in der Dichte durch extensive Praxis zustande kommt und nicht einfach nur durch Unterschiede zwischen den untersuchten Meditierenden und Nichtmeditierenden erklärt werden kann", so Lazar.

Von weiteren Studien erhoffen sich die Forscher nun, dass diese den belegten Effekt bestätigen und dadurch neue Erkenntnisse gewonnen werden können, wie "Meditation zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden als auch gegen das Altern" genutzt werden kann.

Derweil gehe es darum, einige der grundlegenden Fragen, die von den Studienergebnissen aufgeworfen werden, zu beantworten. So sei noch unklar, was die Zunahme der Dichte der grauen Hirnsubstanz verursache. Könnte etwa die Meditation dazu führen, dass mehr Verbindungen zwischen den Hirnzellen oder mehr Blutgefäße entstehen? Auch die Frage, wie die größere Dichte das tägliche Verhalten beeinflusst, wenn es möglicherweise zu einer verstärkten Kommunikation zwischen den intellektuellen und emotionalen Hirnarealen kommt, sei noch nicht beantwortet.

Um diese und weitere Fragen beantworten zu können, planen die Wissenschaftler um Lazar am Massachusetts General Hospital weitere und größer angelegte Studien.

Der Umstand, dass diese Art der Meditation (Vipassana) der natürlichen Ausdünnung der Denkoberfläche des Gehirns entgegenwirkt, könnte auch bei der Erforschung des Alterungsprozesses und seiner Verlangsamung oder gar Umkehr behilflich sein, so die Forscher. Dennoch zeigt sich Lazar in dieser Frage noch deutlich zurückhaltend: "Unsere Daten legen nahe, dass die Rate der kortikalen Ausdünnung in einem kleinen Teil des Gehirns langsamer abläuft. Meditation könnte also einen Weg aufzeigen, wie einige Aspekte des kognitiven Alterns verlangsamt werden können. Es ist aber wichtig, dass wir uns zugleich verdeutlichen, dass auch viele der in dieser Meditation erfahrene Mönche und Yogis an den gleichen Wehwehchen leiden, wie wir alle: Auch sie werden alt und sterben. Allerdings behaupten sie zumindest, sich selbst im hohen Alter an der Fähigkeit zur Aufmerksamkeit und guter Erinnerungsgabe zu erfreuen."

Quellen: grenzwissenschaft-aktuell.de / harvard.edu