Mehr als 20 Jahre lang flog er durchs All, dann stürzte der deutsche Forschungssatellit in den Golf von Bengalen. Überreste des zweieinhalb Tonnen schweren Geräts hätten nach SPIEGEL-Informationen beinahe Peking getroffen - es fehlten nur wenige Minuten.

Hamburg - Der Absturz des deutschen Forschungssatelliten Rosat im Oktober 2011 verlief gefährlicher als bisher bekannt. Nach Spiegel-Informationen hätten die Überreste des 2,5 Tonnen schweren Satelliten die chinesische Hauptstadt Peking getroffen, wäre er sieben bis zehn Minuten später abgestürzt.

"Peking lag exakt auf der Absturzbahn von Rosat", sagt Manfred Warhaut, Bereichsleiter Missionsbetrieb im Europäischen Raumfahrtkontrollzentrum in Darmstadt. Ein Aufprall in der chinesischen Hauptstadt sei "absolut im Bereich des Möglichen" gewesen, so Heiner Klinkrad, Leiter des Büros für Weltraumrückstände der europäischen Weltraumagentur Esa.

In der Nacht zum 23. Oktober war Rosat in den Golf von Bengalen gestürzt. "Unsere Berechnungen haben ergeben, dass es genau Peking getroffen hätte, wenn Rosat sieben bis zehn Minuten später abgestürzt wäre", sagt Klinkrad. Ein solcher Absturz hätte für Deutschland teuer werden können. Einer internationalen Übereinkunft zufolge haftet für alle Schäden, wer Satelliten in den Orbit schießt. Rosat war 1990 in Betrieb genommen worden und diente fast neun Jahre lang der Erforschung des Kosmos. Mit einem Teleskop wurde der Himmel auf Quellen von Röntgenstrahlen abgesucht. Von der Erde aus ist dies nicht möglich, da die Erdatmosphäre Röntgenstrahlen absorbiert.

Deutschland plant verstärkte Kooperation mit China

Trotz Widerständen aus den USA will die Bundesregierung im Bereich der Raumfahrt eng mit China kooperieren. "Die Chinesen haben große Ambitionen und verfügen über so riesige Mittel, dass wir in Bereichen wie der bemannten Raumfahrt gar nicht mithalten können", sagt Peter Hintze, der Raumfahrtbeauftragte der Bundesregierung, dem Spiegel. Die Konsequenz müsse sein, "die Kooperation zu suchen".

Während die Amerikaner es ablehnen, China Zugang zur Internationalen Raumstation ISS zu gewähren, sieht Hintze dies als sinnvoll an. Bei der wissenschaftlichen Erkundung des Mondes und des Sonnensystems sei die chinesische Raumfahrtoffensive "eine Bereicherung", sagte er. Hintze würde die Chinesen am liebsten auch für eine Zusammenarbeit beim Navigationssystem Galileo gewinnen

Im Gegensatz zu Deutschland sind die USA sehr auf Abgrenzung zur neuen Weltraummacht China bedacht. "Wir sollten nicht in die gefährliche Rhetorik eines neuen Kalten Kriegs im Weltraum verfallen", warnt der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Johann-Dietrich Wörner.

wit