Laut der jüngsten Studie des renommierten Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri sind deutsche Reedereien am häufigsten in den illegalen Seehandel verwickelt. Auf Platz zwei folgen die Griechen.

Deutschland mag sich daran gewöhnt haben, in Zeiten der Euro- und Finanzkrise der Klassenprimus zu sein und vor allem die Griechen in diversen Statistiken auf die Plätze zu verweisen. Dennoch dürfte überraschen, was das renommierte Internationale Friedensforschungsinstitut Sipri in Stockholm in seiner jüngsten Studie mit harten Zahlen belegt.

Demnach haben Reedereien mit Sitz in Deutschland in den vergangenen zwanzig Jahren am häufigsten gegen Bestimmungen des Seehandels verstoßen. Bei jedem fünften gemeldeten Vorfall in Sachen Waffen- oder Drogenschmuggel war ein Schiff mit deutschem Schiffseigner involviert. Auf Platz zwei folgen die Griechen, die jeden zehnten Vorfall zu verantworten haben, dahinter Reedereien aus den USA mit knapp acht Prozent.

Somit werden die ersten drei Plätze beim Drogen- und Waffenschmuggel von westlichen Industrienationen belegt, erst dahinter folgen Staaten, die man in dieser Statistik vermeintlich an der Spitze vermutet hätte: Nordkorea, Panama sowie der Iran. Ein Trugschluss!
Denn insgesamt, so die Studie, seien mehr als 60 Prozent aller Schiffe, die in Sanktionsverstöße oder in den illegalen Handel mit Waffen, Drogen, Kriegsausrüstung und Gütern zur Herstellung von Raketen und Massenvernichtungswaffen verwickelt sind, im Besitz von Unternehmen mit Sitz in EU-, Nato- oder anderen OECD-Staaten.

Kapitäne oftmals ahnungslos

Die Studie des Sipri-Institutes ist die bisher größte ihrer Art. Sie bezieht alle gemeldeten Vorfälle der vergangenen zwanzig Jahre mit ein, in die Handelsschiffe mit mehr als 100 Tonnen Bruttogewicht involviert waren.

Allerdings seien die Zahlen kein Beleg dafür, dass die Reedereien für den Schmuggel verantwortlich seien, ja diesen sogar deckten, so der Mitverfasser der Studie, Hugh Griffiths: „Die Schiffseigentümer und Kapitäne wissen oftmals gar nicht, was sie mit sich führen. Es ist recht einfach für Schmuggler, unter den legitimen Frachtgütern Waffen und Drogen zu verstecken.“

Die Studie zeigt weiter, dass die Waffenhändler heute offenbar Methoden anwenden, die ursprünglich von Drogenschmugglern entwickelt worden waren. Insbesondere nach den von den Vereinten Nationen eingeführten Waffenembargos gegen Iran und Nordkorea habe sich die Waffenindustrie die Verschleierungsmethoden der Drogenkartelle abgeschaut.

Die Container-Revolution

So würden Güter in versiegelten Schiffscontainern versteckt, die vorgeblich legitime Waren beinhalten; es würden Schiffe ausländischer Reedereien benutzt, die am legalen Warenverkehr beteiligt sind; zudem würden vielfach Umgehungsrouten gebraucht, um die Überwachung der Schiffsladungen zu erschweren.

„Die Umstellung auf Containerverkehr hat den internationalen Handel revolutioniert, gleichzeitig bietet er jedoch Schmugglern idealen Schutz. Jeden Tag fahren so viele Frachtschiffe durch die Häfen der Welt, dass nur ein kleiner Teil davon inspiziert werden kann. Schiffseigentümer und auch Zollbeamte müssen oft darauf vertrauen, dass das, was in den Dokumenten steht, auch wirklich enthalten ist“, sagt Griffiths.

Als Konsequenz aus der jüngsten Studie fordert Sipri eine verstärkte Kontrolle und eine verbesserte Abstimmung zwischen Polizei, Zoll und Hafenbehörden. Andererseits müsse auch die Politik dem Thema größere Aufmerksamkeit widmen.

„Die Regulierung des Seehandels war schon immer eine Herausforderung. Es gibt jedoch Versäumnisse bei der Verbesserung der Überwachung und bei der Nutzung bestehender Mechanismen zur Bekämpfung des Schmuggels. Dies ist ein internationales Phänomen, das internationale Zusammenarbeit unter den Hauptakteuren in der Schifffahrt erfordert. Wir hoffen, dass diese Studie als ein Weckruf dient“, erklärt Griffiths.