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© dpa, Jens Büttner
Berlin. Angesichts der Energiewende hatten die Atomkraftbefürworter vor einem Blackout gewarnt. Der Härtetest steht dem Stromnetz in diesen Tagen bevor - aufgrund anhaltender Minustemperaturen. Nach einem Medienbericht musste schon die Reserve in Österreich angezapft werden. Noch ist die Lage nicht dramatisch, doch die Angst vor einem Blackout bleibt.

Es klingt kurios. Am Mittwoch machte zunächst die Meldung die Runde, dass Deutschland Strom nach Frankreich exportiert. Der Grund: Das Nachbarland, das auf Atomkraft setzt, hat ein neues Allzeithoch beim Stromverbrauch angesichts der Eiseskälte. Dort gibt es vor allem viele Stromheizungen. Zum Vergleich: 101.700 Megawatt brauchen die Franzosen an Leistung, die Deutschen am Abend nur 50.000.

Gegensätzlich dazu klingen die Medienberichte, wonach die vier deutschen Netzbetreiber am selben Tag auf die sogenannte Kaltreserve zurückgreifen mussten. Das sind jene rund 1000 Megawatt Leistungen, die sich die Bundesnetzagentur zur Stabilisierung des deutschen Netzes reserviert hatte. Doch laut Financial Times Deutschland wurde die Hälfte davon nun bereits abgerufen. Zwischen sieben und 17 Uhr sei der Steinkohlgenerator des Großkraftwerks Mannheim am Mittwoch gelaufen, im Dezember ebenfalls bereits einmal.

Auch Preise für Heizöl steigen

Sind die deutschen Stromnetze also nicht mehr sicher, gerade jetzt, wo der Stromverbrauch angesichts eisiger Temperaturen enorm ansteigt? Schließlich lässt die Kälte auch die Preise für Heizöl explodieren, weil etwa zugefrorene Flüsse die Versorgung der Raffinerien und Tanklager behindern.

Laut Handelsblatt bezeichnete eine Sprecherin der Betreibergesellschaft Tennet das Abrufen der Reserve nur als eine Vorbeugemaßnahme. Der Grund: Am Abend war weniger Strom aus der Windenergie vorhergesagt worden. Und um einem möglichen Blackout vorzugreifen, wurde im Zuge der Energiewende genau diese Stromreserve angelegt. Auch Bundesnetzagentur und Politik beruhigen.

Nach Angaben der Bundesregierung gab es noch keine bedrohliche Situation, weil das n-1-Kriterium nicht unterschritten wurde. Das bedeutet, dass immer noch eine zusätzliche Leitung ausfallen könne, ohne dass es zu Netzproblemen komme.

Doch die Angst vor einem Blackout bleibt, denn noch ist die Energiewende nicht abgeschlossen, die Stromnetze rund um die erneuerbaren Energien müssen noch ausgebaut werden. Noch sind auch nicht alle Atomkraftwerke abgeschaltet. Und bei der Gebäudesanierung kommt Deutschland auch nicht wirklich voran.

Wind und Sonne immer wichtiger

Auf der anderen Seite ist gerade die Stromversorgung ein Thema, was polarisiert wie kein zweites. Jede Seite will ihre Interessen durchsetzen, jeder bringt eine andere Studie unter die Leute. So unkten schon kurz nach dem Start der Energiewende die Atombefürworter, der Strompreis würde massiv steigen. Es wurden Statistiken vorgelegt, die die andere Seite mit anderen Statistiken konterte.

Ähnlich war es auch mit der Frage nach einem Blackout. Immer wieder warnten gerade die Netzbetreiber davor. Ganz gebannt ist die Gefahr allerdings nicht. Denn problematisch könnte die Lage an einem Tag werden, an dem es keinen Sonnenschein und keinen Wind gibt und zugleich viel Strom verbraucht wird. Denn es sind gerade die erneuerbaren Energien, die eingesprungen sind für die Atomkraftwerke, die abgeschaltet wurden.

Dass Deutschland Strom nach Frankreich exportiert und zugleich auf seine eigene Reserve zurückgreifen muss, erklärt der Netzbetreiber Amprion der Financial Times Deutschland so: Einige Regionen hätten einen Überschuss an Solarstrom erzielt, in anderen dagegen stand nicht genügend Strom für einen sicheren Netzbetrieb zur Verfügung.

Zu wenig Erdgas

Und nun wird in Süddeutschland einem Bericht der Welt zufolge das Erdgas knapp. Vielerorts würden bereits Industriekunden aufgefordert, ihre Kessel abzustellen oder auf einen anderen Brennstoff umzustellen, berichtete die Zeitung am Donnerstag vorab aus ihrer Freitagsausgabe. In einigen Gemeinden seien auch Bürger aufgefordert worden, ihre Heizungen zu drosseln.

Grund sei möglicherweise der wegen der Kältewelle erhöhte Bedarf an Gas in Russland. Am bayerischen Übergangspunkt Waidhaus kämen derzeit 25 bis 30 Prozent weniger Erdgas über Österreich an, sagte ein Sprecher des Pipeline-Betreibers Open Grid Europe der Zeitung. Zudem sei die Nachfrage hoch, und die Erdgasspeicher befänden sich vor allem in Norddeutschland. Das Problem seien vor allem überlastete Pipeline-Kapazitäten zwischen Nord- und Süddeutschland.

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