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© DER SPIEGELRennstrecke unter den Alpen: Die Strecke ist 730 Kilometer lang. Zwei Messungen im vergangenen Jahr legten nahe, dass die Neutrios schneller unterwegs gewesen sein könnten als das Licht. Doch daran gibt es nun Zweifel.
Es bleibt wohl dabei: Nichts reist schneller als das Licht. Ein neues Experiment wirft weitere Zweifel an Messungen auf, die im vergangenen Jahr überlichtschnelle Neutrios beobachtet haben wollen. Im Mai soll nun ein weiterer Versuch endgültig Klarheit bringen.

Genf - Auch schnelle Neutrinos können die Relativitätstheorie von Albert Einstein allem Anschein nach nicht widerlegen. Physiker der internationalen "Icarus"-Forschungsgruppe legten am Freitag Messungen eines Experiments vor, bei dem diese Elementarteilchen - extrem leicht und ohne elektrische Ladung - die Lichtgeschwindigkeit nicht überschritten haben.

Dadurch bekommen Zweifel an den Resultaten eines ähnlichen Experimentes der "Opera"-Forschungsgruppe im vergangenen September neue Nahrung. Dabei waren Neutrinos scheinbar schneller als das Licht - wenn auch nur um extrem kleine Bruchteile von Sekunden.

"Die Anzeichen beginnen darauf hinzudeuten, dass das 'Opera'-Ergebnis auf einem Messfehler beruhte", sagte Sergio Bertolucci, Forschungsdirektor des Europäischen Kernforschungszentrums (Cern) in Genf. Um endgültig Klarheit zu erhalten seien weitere Experimente erforderlich, deren Ergebnisse mit den früheren Versuchen verglichen werden. Diese seien für Mai geplant.

Das "Opera"-Team am Cern hatte 2011 Messergebnisse verkündet, die nahelegten, dass manche Elementarteilchen schneller als das Licht sein könnten. Das hätte das Weltbild der Physiker erschüttert. Ein Neutrinostrahl war bei dem Experiment vom Cern in Genf ins 730 Kilometer entfernte Gran-Sasso-Laboratorium in Italien geschickt worden.

Damals hieß es, rund 15.000 Neutrinos hätten die Strecke von der Schweiz nach Italien 60 Nanosekunden schneller hinter sich gebracht, als es die Lichtgeschwindigkeit zuließe. "Wenn sich diese Messungen bestätigen, könnte das unsere Auffassung von der Physik ändern", erklärte Bertolucci damals. Ende Februar mussten die Forscher dann jedoch eingestehen, Fehlerquellen bei der Messung entdeckt zu haben: "Einer von ihnen könnte dafür gesorgt haben, dass die Geschwindigkeit überschätzt wurde und ein anderer dafür, dass sie unterschätzt wurde", sagte damals Cern-Sprecher James Gillies.

Probleme gab es an einem sogenannten Intervallzähler. Der soll eigentlich dabei helfen, die GPS-Messungen genauer zu machen. Außerdem machte offenbar ein nicht richtig befestigtes Glasfaserkabel den Forschern zu schaffen.

Die Lichtgeschwindigkeit - 299.792.458 Meter in der Sekunde - gilt laut Relativitätstheorie als absolute Tempogrenze des Universums. Sie wurde noch in keinem Versuch eindeutig durchbrochen.

chs/dpa