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© dombau kölnDas Stück Stein, das am Montag vom Kölner Dom stürzte und einen Bettler verletzte, war Teil eines sogenannten Profilstabes.
Ein 50 Zentimeter langer Profilstab ist am Montag aus dem Südturm heruntergestürzt. Das Bruchstück hat einen Bettler am Kopf verletzt. Nach einer kurzen Sperrung ist die Domplatte wieder freigegeben worden. Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner kann sich den Vorfall nicht erklären.

Köln - Köln Kostümiert als Engel arbeitet Armin Steyka als Pantomime auf der Kölner Domplatte. Eine japanische Touristengruppe wollte sich gerade mit ihm ablichten lassen, als sich 25 Meter über ihren Köpfen ein Stein aus dem Südturm des Doms löste und zu Boden stürzte. Das Bruchstück traf einen 61-jährigen Obdachlosen am Kopf.

Der Mann brach blutend zusammen - direkt hinter dem Pantomimen und den Touristen. "Es hat plötzlich fürchterlich laut geknallt", sagte Steyka. "Eine Frau hat vor Schreck ihre Kamera fallenlassen." Der Bettler, der vor dem Petersportal des Doms gesessen hatte, erlitt eine Platzwunde und wurde ambulant im Krankenhaus behandelt. Polizei, Feuerwehr und Dombauhütte sperrten für mehrere Stunden den Platz um die Abbruchstelle weiträumig ab.

Nach bisherigen Erkenntnissen hatte sich der Stein, ein Stück eines Profilstabs, am Monatg um 13.20 Uhr am mittelalterlichen Südturmpfeiler zwischen dem Haupt- und dem Petersportal gelöst. Der Stein von etwa 50 Zentimeter Länge stürzte auf einen Wasserschlag über dem Petersportal und zerbrach in kleine Stücke, von denen mehrere vor das Petersportal fielen. Der Bettler, der auf dem Boden vor dem Portal saß, wurde von einem Stück getroffen, das vom Boden wieder abgeprallt war.

Mitarbeiter der Dombauhütte untersuchten nach dem Unfall mit Hilfe eines Hubwagens das Gemäuer um die Abbruchstelle und entfernten die im oberen Bereich liegengebliebenen Bruchstücke. Sie fanden keine Hinweise auf einen größeren Schaden am Dom oder eine erhöhte Gefahr für einen weiteren Abbruch. Der Platz wurde deshalb wieder freigegeben.

Auch Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner machte sich vor Ort ein Bild. Sie konnte sich nicht erklären, wie es zu dem Vorfall gekommen war. Bei Sturm passiere es häufiger, dass sich ein Stein aus dem Bauwerk löste - die Domplatte werde deshalb bei Sturmwarnung vorsorglich gesperrt. "Dass ein Stein aber bei strahlendem Sonnenschein und Windstille herunterfällt, habe ich noch nie erlebt", sagte Schock-Werner, die seit 1999 Dombaumeisterin ist. Sie vermutet, dass sich der Stein kürzlich bei Frost gelöst hat und nun durch das wärmere Wetter in Bewegung kam.

Das abgebrochene Stück besteht nicht aus dem witterungsanfälligen Sandstein, der im Dom immer wieder für Probleme sorgt, sondern aus Trachyt, einem vulkanischen Gestein, das als stabil gegen Wind und Wetter gilt.

Dombaumeisterin Schock-Werner hat ihre Mitarbeiter angewiesen, in den kommenden Wochen vorsorglich den mittelalterlichen Teil der Fassade zu überprüfen und lockere Steine abzunehmen. Diese Routinearbeit war an dieser Stelle zuletzt vor rund zehn Jahren erfolgt. Sie ist am Kölner Dom besonders mühsam, weil die Domplatte keine schweren Geräte trägt und deshalb ein kleiner Hubwagen verwendet werden muss.

Stadt-Sprecherin Inge Schürmann bezeichnete den Vorfall als "absolute Ausnahmeerscheinung". Die Ursache sei noch völlig unklar. Man könne bislang auch nicht ausschließen, dass ein Besucher des begehbaren Südturms den Stein absichtlich gelockert hat. Dafür gebe es aber keine Anhaltspunkte. Mitarbeiter der städtischen Bauaufsicht würden den Vorfall untersuchen. Es bestehe trotz des abgebrochenen Steins keine Gefahr für Passanten auf der Domplatte, sagte die Stadt-Sprecherin. "Der Dom ist das bestbeobachtete und -gepflegte Gebäude in ganz Köln. Kein privater Eigentümer kümmert sich so gut um sein Haus."

Nachdem sich Armin Steyka von dem Schreck erholt hatte und die Absperrungen von der Polizei wieder aufgehoben waren, stellte er sich wieder als Pantomime vor den Dom - fast genau an die Stelle, wo der Stein den Obdachlosen am Kopf getroffen hatte. "Ich habe keine Angst, von einem Stein getroffen zu werden", sagte er. "Ich werte den Unfall als eine Art Zeichen, weil er letztlich glimpflich verlaufen ist."