
Nervenfasern in der linken Gehirnhälfte eines Menschen: Zu sehen ist ein Hauptbündel von Fasern, die von vorne nach hinten ziehen (violett), sie werden fast rechtwinklig von Faserschichten gekreuzt, die aus der Großhirnrinde nach innen ziehen (orange und gelb).
"Ich glaube nicht, dass zuvor irgendjemand auch nur den Verdacht hatte, dass das Gehirn diese Art von konsequentem geometrischen Muster haben würde", sagt Erstautor Van Wedeen von der Harvard Medical School. Alle Nervenverbindungen folgen demnach schon in der Embryonalentwicklung simplen Vorgaben: Sie können entweder nach oben, unten, rechts oder links wachsen. Diese vorgegebenen Richtungen erleichterten es den Nervenfasern, die richtigen Bindungsstellen zu finden, meint Wedeen.
"Der neue, hochaufgelöste Schaltplan unseres Gehirns ist ein Meilenstein der menschlichen Neuroanatomie", kommentiert Thomas Insel, Direktor des National Institute of Mental Health (NIMH) die Ergebnisse der Forscher. Denn die Verschaltung bilde die Basis der Hirnfunktionen. Sie könne nun mit Hilfe der neuen Karte besser erforscht und verortet werden. "Die neue Abbildungstechnologie könnte aber auch die Diagnose und Behandlung von neurologischen Erkrankungen erleichtern", sagt Insel.
Neue Abbildungstechnik macht Verschaltungsmuster sichtbar
Möglich wurde der tiefe Einblick in die Verschaltung des Gehirns erst durch eine neu entwickelte Technik, die sogenannte Diffusions-Spektrum-Magnetresonanz-Tomografie. Mit Hilfe dieses Geräts konnten die Forscher erstmals die Orientierung aller Nervenfasern an einem bestimmten Punkt im Gehirn sichtbar machen.

Verschaltungen im Gehirn eines Rhesusaffen, der Ausschnitt verdeutlicht die regelmäßige Anordnung von parallelen Faserschichten, die andere nahezu im rechten Winkel kreuzen.
Nach Ansicht der Wissenschaftler erklärt die geordnete Struktur der Verschaltungen auch, warum das Gehirn sich so gut an Veränderungen anpassen kann. "Es ist leichter für eine einfache, regelmäßige Struktur, sich anzupassen - egal ob es um die großen Änderungen im Laufe der Evolution geht oder um die Veränderungen während der Lebenszeit eines Einzelnen", sagt Wedeen. (Science, 2012; doi:10.1126/science.1215280)
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