Ein Lachen ist nicht gleich ein Lachen: Eine neue Studie zeigt, dass Asiaten Mimik anders einsetzen und lesen als Menschen westlicher Länder.

Japanerin
© Archivbild, KeystoneIn den Augen offenbart sich die gesamt Emotion: Japanische Frau in einem Kimono.
Europäer und Asiaten formen und verstehen Gesichtsausdrücke deutlich unterschiedlich. Dies berichtet ein Forscherteam aus Freiburg und Glasgow. Ihre Studie widerlegt die lang gehegte Annahme, dass die Mimik der Gefühle universell sei.

Schon Charles Darwin hatte erklärt, dass die Mimik der sechs fundamentalen Emotionen - Freude, Überraschung, Angst, Ekel, Wut und Trauer - für den Menschen lebensnotwendig und somit biologisch begründet sei. Lange Zeit galt deshalb als gesichert, dass alle Menschen weltweit diese Emotionen gleich ausdrücken und verstehen.

Doch nun zeigt eine Studie, an der Roberto Caldara von der Universität Freiburg beteiligt war, dass Asiaten Mimik anders einsetzen und lesen als Menschen westlicher Länder. Während die europäischen Testpersonen die sechs Gefühlskategorien klar unterschieden, war die Definition bei Chinesen viel unschärfer, wie die Forscher am Montag im Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) berichteten.

Gefühle anders kategorisiert

Offenbar bilde das westliche Konzept der Emotionen die Gefühlswelt der Asiaten nur schlecht ab, schreiben die Autoren. In asiatischen Kulturen seien andere Gefühle wie Scham, Stolz und Schuld ebenso fundamental.

Überrascht stellten die Forscher zudem fest, dass die Asiaten der Intensität der Gefühle keine Bedeutung beimassen. Während westliche Menschen zum Beispiel zwischen starker und leichter Angst unterschieden, kategorisierten die Chinesen beides gleich. Dies könnte theoretisch daran liegen, dass starke Gefühle in ihrer Kultur eher unterdrückt werden, sagte Caldara gegenüber der Nachrichtenagentur sda.

Laut den Autoren lässt sich die Universalitäts-Theorie nicht länger aufrecht erhalten. «Ausdruck und Verständnis von Gesichtsausdrücken sind sehr wohl stark kulturabhängig und keineswegs universell», sagte Caldara.

Das klare Resultat verdanken die Forscher einer cleveren neuen Methode. Statt auf den üblichen Katalog von Gesichtsausdrücken - von Schauspielern dargestellten - zurückzugreifen, ging Philippe Schyns von der Universität Glasgow individueller vor.

Er spielte jeder der 30 Testpersonen am Computerbildschirm eine Serie von dynamischen Gesichtern vor. Die Person selbst gab an, ob ihr ein gewisser Ausdruck traurig, fröhlich oder wütend vorkam. Daraus wurden dann die Testgesichter erstellt.

Asiaten schauen nur auf die Augen

Schon in früheren Studien hatte das Team um Caldara kulturelle Unterschiede im Gesichterlesen nachgewiesen. Asiaten konzentrieren sich ausschliesslich auf die Augen, um aus der Miene ihres Gegenübers dessen Gefühle abzulesen. Menschen aus westlichen Ländern hingegen schauen auch auf den Mund. Dies könnte den Forschern zufolge erklären, warum asiatische Gesichter für Weisse oft so starr wirken.

Der kulturelle Unterschied werde auch in den typischen «Emoticons» - kurzen Zeichenfolgen zum Ausdruck der Stimmung in E- Mails oder SMS - deutlich. Im Westen verdeutliche vor allem das Zeichen für den Mund die Stimmung, zum Beispiel :-) oder :-(. Im Osten seien dagegen auch bei den Smileys die Augen entscheidend: etwa ^.^ und ;_; für fröhlich und traurig.

(mrs/sda)