Auf der Zielgeraden des Präsidentschafts-Wahlkampfs in Frankreich zieht er alle Register. Einsicht, Reue, Demut - Nicolas Sarkozy gibt alles, damit ihn die Franzosen wieder wählen. Seine Gegner haben Respekt vor der Kampfmaschine, doch seine Ausgangssituation ist denkbar schlecht.

Keiner kann ihn mehr leiden, das ist das Schicksal von Nicolas Sarkozy. Er hat in seiner Amtszeit so gründlich alle Sympathien verspielt, dass es eigentlich egal ist, was er jetzt sagt und vorschlägt. Es glaubt ihm sowieso niemand mehr. Sarkozy versucht verzweifelt gegenzusteuern: Ich habe dazu gelernt, ich habe verstanden, ruft er auf Wahlveranstaltungen immer wieder: ''Ich habe gelernt, dass der Präsident für die Freuden und Leiden der Franzosen zur Rechenschaft gezogen wird, ich habe verstanden.''

Und dann erzählt er, wie hart er gearbeitet hat im Elyseepalast, dass er alles gibt, um Frankreich und die Franzosen zu beschützen. Seine Frau, Carla Bruni, die fleißig im Wahlkampf mitmischt, macht sich deswegen schon öffentlichkeitswirksam Sorgen: ''Er hat ein solches Pflichtgefühl. Wenn er abends nach Hause kommt, arbeitet er nonstop weiter, Tag und Nacht, 20 Stunden am Stück. Ich habe Angst, dass er sich überarbeitet und stirbt.''

Sarkozy läuft zur Hochform auf

Tatsächlich nehmen in letzter Zeit die Ticks des Präsidenten wieder zu. Wenn er im Fernsehen auftritt, zuckt und ruckelt er und gibt zwischendrin unkontrollierte Geräusche von sich. Aber man kann Sarkozy nicht auf eine Karrikatur reduzieren. Der Mann ist eine Kampfmaschine.

Jetzt ist er wieder Kandidat, raunen die Gegner und machen besorgte Mienen. Denn sie wissen: Sarkozy läuft immer dann zu Hochform auf, wenn es eng wird, wenn er eine schier unüberwindbare Herausforderung meistern muss. Wie ein Kampfzwerg marschiert er durch die Hallen zu seinen Auftritten. Die zwei Kopf größere Schauspielikone Gerard Depardieu verkündet dabei: ''Ich liebe Herrn Sarkozy.'' Depardieu steigt sogar auf die Wahlkampfbühne für den Präsidenten. ''Ich höre so viel Schlechtes über diesen Mann, der nur Gutes tut.''

Der Staatsmann in Toulouse

Tatsächlich gut waren während des Wahlkampfs Sarkozys Auftritte anlässlich der Attentate von Toulouse. Da ließ er noch einmal durchblicken, wie er auch sein kann: Ein verantwortungsbewusster Staatsmann, der sich angesichts solcher Katastrophen selbst zurück nimmt und mit den Menschen in der Not zusammenrückt. Ansonsten gibt es aber wohl kaum einen Politiker, der zur Zeit so weit vom Volk entfernt ist wie der scheidende Präsident.

Wenn er auf dem Land unterwegs ist, kann er nur schlecht verbergen, dass ihn dieser ganze Kleinkram eigentlich nicht interessiert. Er gehört in die Kommandozentrale: ''Wenn ich nicht mehr antreten würde, hieße das, die Franzosen zu verraten. Das ist wie bei einem Kapitän in schwerer See: Der verlässt auch nicht seinen Posten.''

Reue und Demut

Aus der Kapitänsrolle fällt er aber zwischendurch auch wieder raus, wenn er plötzlich die große Reue-Nummer abzieht. Die Franzosen haben ihm am Anfang seiner Amtszeit schwer übel genommen, dass er sich als Präsident der Reichen und Schönen präsentiert hat und mit ihnen im Edelrestaurant ''Fouquets'' seinen Wahlsieg gefeiert hat. Das war ein Fehler, räumt er ein. Und weil ihm Entschuldigungen offenbar so unangenehm sind, kommt er aus dem Stottern gar nicht mehr raus.

Diesmal will er mit Familie und engen Freunden zuhause feiern. Falls er gewinnt. Sonst hört er mit der Politik auf, hat er verkündet. Am liebsten würde er natürlich im Elysee-Palast bleiben. Und weil er das alleine nicht schafft, fleht er völlig untypisch, weil fast demütig, am Ende seiner Auftritte immer wieder das Parteivolk an: Helft mir, ich brauche euch.

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