Vier Männer haben Frauen vergewaltigt und mussten länger als zehn Jahre in Sicherungsverwahrung bleiben. Nun bekommen sie Schmerzensgeld. Ein gerechtes Urteil, findet ihr Anwalt.

Außer ihren Namen ist über Günter G., 64 Jahre alt, Peter W., 55, Danny L., 61, und Hans-Peter W., 55, kaum etwas bekannt. Die vier Männer haben vor dem Landgericht Karlsruhe ein wegweisendes Urteil zur Sicherungsverwahrung erstritten. Nun entfacht die Karlsruher Entscheidung eine hitzige Diskussion. 500 Euro pro Monat kriegen alle vier, insgesamt muss der Staat 240 000 Euro Schmerzensgeld zahlen - fast eine Viertelmillion Euro also für verurteilte Sex-Täter, so denken viele Menschen, auch viele User auf FOCUS Online. Die Täter selbst bewerten den Fall allerdings anders.

„Der Staat hat Unrecht getan und rechtswidrig gehandelt“, sagt der Stuttgarter Rechtsanwalt Ekkehard Kiesswetter, der drei der vier Kläger vertritt, zu FOCUS Online. Das Urteil sei daher gerecht. „Die Mandanten haben die Strafe für ihre Tat ja abgesessen.“ Mehr noch: Als sie aus der Haft in Sicherungsverwahrung kamen, hätten sie sich durchaus darauf eingelassen, an ihrer Psyche zu arbeiten. Aber der Staat habe immer darauf verwiesen, kein Geld und kein Personal zu haben. „Die Sicherungsverwahrung war daher eine ausschließliche Verlängerung der Haft“, sagt Kiesswetter. „Zum Schluss haben sie resigniert. In den Jahren vorher waren sie bereit.“ Seine Mandanten seien mit dem Urteil zufrieden:

  • Peter W., verurteilt zu fünf Jahren plus zehn Jahre Sicherungsverwahrung, saß zusätzlich acht Jahre, zwei Monate und 13 Tage in Sicherungsverwahrung. Er erhält 49 000 Euro.
  • Danny L., verurteilt zu 15 Jahren plus zehn Jahre Sicherungsverwahrung, saß zusätzlich acht Jahre, neun Monate und 22 Tage in Sicherungsverwahrung. Er erhält 53 000 Euro.
  • Günter G., verurteilt zu fünf Jahren plus zehn Jahre Sicherungsverwahrung, saß zusätzlich zehn Jahre, zehn Monate und acht Tage in Sicherungsverwahrung. Er erhält 65 000 Euro.
  • Hans-Peter W. (nicht von Kiesswetter vertreten), verurteilt zu sieben Jahren plus zehn Jahre Sicherungsverwahrung, saß zusätzlich zwölf Jahre, einen Monat und zwölf Tage in Sicherungsverwahrung. Er erhält 73 000 Euro.

Alle vier in Justizvollzugsanstalt Freiburg


Die vier Männer hatten in den 70er- und 80er-Jahren Frauen vergewaltigt, einer von ihnen versuchte zudem, eine Frau zu töten. Dafür wurden die Männer zu fünf bis 15 Jahren Haft verurteilt, plus zehn Jahre Sicherungsverwahrung. Alle vier saßen dann in der Justizvollzugsanstalt Freiburg. Während dieser Zeit, 1998, beschloss die Regierung Gerhard Schröder, dass Verurteilte unter bestimmten Umständen länger als zehn Jahre in Sicherungsverwahrung gehalten werden dürfen, wenn sie als gefährlich gelten - wie die vier Männer in Freiburg. Sie blieben weitere acht bis zwölf Jahre weggesperrt. Diese Fortdauer der Sicherungsverwahrung war aber grundsätzlich rechtswidrig, wie 2009 zuerst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und 2011 das Bundesverfassungsgericht urteilten. Um Schmerzensgeld für diese Zeit ging es nun bei der Klage vor dem Landgericht.

Fraglich ist allerdings noch, wer das Geld zahlen muss. Laut Urteil muss das Land zahlen, der Bund könnte aber für Entschädigungen in die Pflicht genommen werden. Während zumindest die drei von Kiesswetter vertretenen Kläger keine Berufung einlegen wollen, behält sich die Generalstaatsanwaltschaft, die das Land vertritt, eine Berufung vor. Ein Grund dafür könnte auch sein, dass dem Urteil hohe Symbolkraft und Pilotwirkung zugesprochen wird. Um eine einheitliche Rechtsprechung zu schaffen, müsste der Fall durch alle Instanzen gehen.

Bei der Festlegung des Schmerzensgeldes auf 500 Euro pro Monat orientierte sich Richter Eberhard Lang an den Maßstäben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Den Klägern ging es nach Angaben von Kiesswetter auch tatsächlich um eine konkrete Entschädigung, nicht um die Signalwirkung. Er habe ihnen die höhere Dimension verdeutlicht, sagt der Anwalt FOCUS Online. „Ihnen ging es aber primär um ihr eigenes Interesse.“...
Landgericht Karlsruhe entscheidet: Dem Urteil wird hohe Symbolkraft zugesprochen - weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/politik/deutschland/tid-25586/landgericht-karlsruhe-faellt-urteil-schmerzensgeld-fuer-verurteilte-sex-taeter-wegen-sicherungsverwahrung-dem-urteil-wird-hohe-symbolkraft-zugesprochen_aid_742358.html