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© ReutersFrançois Hollande.
Machtwechsel in Paris: Der Sozialist François Hollande ist Frankreichs neuer Präsident. Er löst den konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy ab. Der will sich aus der Politik zurückziehen.

Linksrutsch in Frankreich: Erstmals seit 17 Jahren zieht mit François Hollande wieder ein Sozialist in den Präsidentenpalast ein. Der 57-Jährige gewann am Sonntag klar die Stichwahl um das höchste Staatsamt. Der konservative Amtsinhaber Nicolas Sarkozy musste sich geschlagen geben.

Laut Innenministerium hatte Hollande gegen 20.30 Uhr rund 50,8 Prozent der Stimmen erzielt, Sarkozy 49,2 Prozent. Dabei waren etwa 50 Prozent der Stimmen ausgezählt.

Auf dem Bastille-Platz in Paris und vor der Zentrale der sozialistischen Partei PS brachen Zehntausende Anhänger bei Bekanntgabe der Hochrechnungen in riesigen Jubel aus. "On a gagné" jubelten sie: "Wir haben gewonnen." Parteichefin Martine Aubry sprach im Fernsehsender TF1 von einer "riesigen Freude". Mit Blick auf Hollande sagte sie, die Sozialisten seien "stolz auf seinen Wahlkampf, stolz auf sein Projekt". Es sei kein Sieg eines Lagers gegen das andere, sondern "der Sieg Frankreichs".

Sarkozy kündigt Rückzug an

Vor der Zentrale der konservativen UMP ging es ruhig zu, aber auch im Saal der Pariser Mutualité hatten sich Getreue des scheidenden Präsidenten versammelt. "Nicolas, Du bleibst der Beste", war auf einem Plakat zu lesen.

"Frankreich hat einen neuen Präsidenten. François Hollande ist Präsident der Republik und muss respektiert werden", sagte Nicolas Sarkozy vor den enttäuschten Anhängern seiner UMP-Partei nach dem Bekanntwerden der Hochrechnungen.

Er kündigte seinen Rückzug aus der Politik an: "Nach 35 Jahren in der Politik wird mein Platz nicht mehr derselbe sein. Mein Leben wird ein anderes sein." Man müsse ausschließlich an die Größe Frankreichs denken. Er werde niemals diese Ehre vergessen, sagte Sarkozy, dass er Frankreich als Präsident führen durfte.

"Volle Verantwortung für Niederlage"

Er habe sein Bestes getan, um die Franzosen vor den Krisen zu schützen. Er habe nicht gespart an Mühe und Anstrengung, er habe sich voll und ganz in den Wahlkampf geworfen. "Ich habe es nicht geschafft, eine Mehrheit der Franzosen zu überzeugen. Ich trage die volle Verantwortung für die Niederlage."

Im Ausland wird mit Spannung erwartet, welche Auswirkungen der Machtwechsel in Paris auf die Europa- und Wirtschaftspolitik des Landes haben wird. Hollande, der in den kommenden fünf Jahren die Geschicke der zweitgrößten europäischen Volkswirtschaft lenken wird, hatte im Wahlkampf für ein sozialeres Europa geworben.

SPD-Chef Sigmar Gabriel gratulierte noch am Abend per Twitter: "FELICITATION, Francois Hollande!!! 51,9 % - das ist das Ende von "Merkozy" und der Anfang eines besseren Europa!" Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin gratulierte ebenfalls: "Nicolas Sarkozy ist endlich abgewählt. Das Ende von Merkozy ist ein guter Tag für Europa und ein schwarzer Tag für Merkel."

Hollande sollte nach Ansicht der CDU umgehend klarstellen, dass er seinen Plan für eine Änderung des Fiskalpakt nicht wahrmachen wird. "Wir alle wollen nachhaltiges Wachstum in Europa. Darunter dürfen aber Stabilitätspolitik und Haushaltsdisziplin nicht leiden, sonst erwartet uns eine neue Phase der Nervosität an den Märkten", erklärte Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff (CDU)

Der Sozialistenchef hat angekündigt, den mühsam geschnürten EU-Fiskalpakt neu verhandeln zu wollen. In konservativ regierten Staaten wie Deutschland wird dies allerdings strikt abgelehnt. Nach Angaben aus seinem Wahlkampfteam wollte Hollande noch am Sonntagabend mit Bundeskanzlerin Angela Merkel Kontakt aufnehmen.

Internationales Konfliktpotenzial bergen auch Hollandes Pläne für einen vorzeitigen Abzug der französischen Truppen aus Afghanistan. Er will sie entgegen Abmachungen mit den Verbündeten bereits Ende 2012 heimholen.

Im Bereich der Innenpolitik müssen sich Banken und Spitzenverdiener auf harte Zeiten gefasst machen. Der langjährige Vorsitzende der Parti Socialiste (PS) hat die Finanzwelt offen zu seinem "Gegner" erklärt. Auf Topeinkommen sollen künftig bis zu 75 Prozent Steuern fällig werden. Die PS ist die Schwesterpartei der deutschen SPD, die sich vom Wahlsieg Hollandes ein wichtiges Signal für einen Linksrutsch auch in anderen europäischen Ländern erhofft.

Rechnung für durchwachsene Amtszeit von Sarkozy

Dem noch bis Mitte Mai amtierenden Sarkozy präsentierten die Wähler am Sonntag die Rechnung für eine durchwachsene Amtszeit. Er musste sich vorwerfen lassen, Frankreich deutlich schlechter durch die Finanz- und Wirtschaftskrise geführt zu haben als Kanzlerin Merkel Deutschland. Sowohl die Arbeitslosigkeit als auch die Staatsschulden sind weiter gestiegen. Hinzu kamen etliche Image schädigende Affären um reiche Freunde, maßlose Regierungsmitglieder oder Vetternwirtschaft.

Hollande sagte bereits vor der Wahl: "Der Präsident, der ich sein werde, wird dem Kandidaten ähneln, der ich bin: respektvoll, einigend - ein normaler Kandidat für eine normale Präsidentschaft im Dienste der Republik." Eine seiner ersten Amtshandlungen werde eine Reise zu Kanzlerin Merkel nach Berlin sein. Mit dem G8-Treffen (18./19. Mai) und dem Nato-Gipfel (20./.21. Mai) in Chicago stehen schon wenige Tage nach Hollandes Amtseinführung die ersten internationalen Top-Termine auf dem Programm.

Die Sozialisten schienen sich des Wahlsiegs Hollandes schon am frühen Nachmittag sicher gewesen zu sein. Beobachtern zufolge waren die Vorbereitungen zum großen Fest der Sozialisten auf dem Platz an der früheren Bastille weiter vorangeschritten als die der Konservativen um Sarkozy. An der Bastille, dem Symbol der französischen Revolution, hatte 1981 Frankreichs Linke den Sieg Mitterrands als erster sozialistischer Präsident der 5. Republik gefeiert.