Zehntausende haben kurz vor der Amtseinführung gegen Präsident Putin in Moskau demonstriert. Die Polizei setzte Schlagstöcke ein und nahm 450 Demonstranten fest.
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© Denis Sinyakov/ReutersDie russische Polizei geht mit Schlagstöcken gegen Demonstranten im Stadtzentrum von Moskau vor.
Bei einer Massenkundgebung in Moskau sind russische Polizeieinheiten am Sonntag gewaltsam gegen Regierungsgegner vorgegangen.

Die Polizei sprach von 450 Festnahmen und mindestens 27 Verletzten, die meisten von ihnen Sicherheitskräfte. Unter den Festgesetzten befinden sich nach Angaben der Polizei die Oppositionsführer Alexej Nawalni, Boris Nemtsow und Sergej Udaltsow.

Die Proteste richteten sich gegen die Rückkehr des zwischenzeitlichen Regierungschefs Wladimir Putin als Präsident, die am heutigen Montag vollzogen wird. Mehr als 100.000 Menschen nahmen nach Angaben der Organisatoren an den Protesten teil. Die Polizei gab die Zahl mit 8.000 an. Experten schätzten die Teilnehmerzahl weitaus höher ein: auf 50.000 bis 70.000. Allein in Moskau sollen demnach 20.000 Demonstranten auf der Straße gewesen sein.

Anti-Terror-Einheit schlägt auf Demonstranten ein

Menschenrechtler warfen der Polizei unkontrollierte Brutalität vor. Videoaufnahmen zeigten, wie die eigentlich auf Anti-Terror-Einsätze spezialisierte Sonderpolizei Omon mit Schlagstöcken wahllos auf friedliche Demonstranten einschlug. Mindestens sechs Menschen mussten mit Prellungen, Schürfungen und teils auch Schnittwunden im Krankenhaus behandelt werden. Die Menschenrechtler gaben auch Provokateuren unter den Demonstranten eine Mitschuld an den gewaltsamen Ausschreitungen.

Die Polizei wirft den Aktivisten vor, die Masse zur Störung der öffentlichen Ordnung angestiftet zu haben. Einige der Demonstranten haben demnach mit Steinen und Flaschen geworfen.

Putins Sprecher Dmitri Peskow forderte nach Angaben des Radiosenders Echo Moskwy eine harte Bestrafung der Provokateure und verteidigte den Polizeieinsatz. Der Chef der Ermittlungsbehörde, Wladimir Markin, sagte, dass die Drahtzieher gesucht würden, die zu Unruhen und Gewalt gegen die Staatsmacht aufgerufen hatten. Ihnen drohen nach Medienberichten bis zu zehn Jahre Gefängnis.

Der Politiker Gennadi Gudkow von der im Parlament vertretenen Partei Gerechtes Russland wertete die Ereignisse als eine Radikalisierung der Proteststimmung in der Bevölkerung. "Der Grund ist, dass es keinen Dialog zwischen den Machthabern und den Menschen gibt", sagte Gudkow der Agentur Interfax.

Ex-Geheimdienstchef Putin kehrt bei einer Feier mit 2.000 Gästen an diesem Montag nach vier Jahren im untergeordneten Amt des Regierungschefs zum dritten Mal nach 2000 und 2004 als Präsident in den Kreml zurück. Nach einer Verfassungsänderung dauert die Amtszeit diesmal nicht mehr vier, sondern erstmals sechs Jahre. Das Amt des Präsidenten hatte zwischenzeitlich Dmitri Medwedew inne, der von Kritikern als Platzhalter für Putin angesehen wurde. Mit Putins Vereidigung am Montag tauschen die beiden Politiker die Posten.

Putin war bei der Präsidentenwahl am 4. März mit 63,6 Prozent der Stimmen gewählt worden. Bei der Wahl soll es zu Wahlmanipulationen gekommen sein. Trotz der Massendemonstrationen für ehrliche Wahlen in Russland gehen Beobachter und Umfragen jedoch davon aus, dass die Zustimmung für den Kreml-Chef bei mehr als 50 Prozent liegt.

ZEIT ONLINE, AFP, dpa