In einer als Spaziergang deklarierten Protestaktion haben am Sonntag in Moskau rund 10.000 Menschen gegen Präsident Wladimir Putin demonstriert. Angeführt wurden sie von mehreren prominenten Schriftstellern und Dichtern. Obwohl die Demonstration nicht genehmigt war, schritt die Polizei nicht ein.

Moska. Die Autoren nannten ihre Kundgebung einen „Spaziergang" zur Verteidigung der Versammlungsfreiheit. Keiner der Teilnehmer stimmte Sprechchöre an oder trug Plakate bei sich wie bei anderen Protestkundgebungen. Der Marsch durch die Innenstadt war Teil einer Protestwelle, die seit dem neuerlichen Amtsantritt Putins vor einer Woche von Sicherheitsmaßnahmen in bislang ungekanntem Ausmaß begleitet wird.

Einige Demonstranten applaudierten den Sicherheitskräften. Bestseller-Autorin Ljudmila Ulitskaja würdigte die Zurückhaltung der Polizei. „Heute ist ein bedeutender Tag für die Stadt", sagte sie. Die Behörden zeigten erstmals Vernunft. Sie hätten eingesehen, dass es bei den Protesten nicht darum gehe, Fensterscheiben einzuschlagen und Molotow-Cocktails zu werfen. Neben Ulitskaja nahmen auch der Romanautor Boris Akunin, Kinderbuchschreiber Eduard Uspenski und der Dichter Dmitri Bykow an dem zwei Kilometer langen Marsch teil.

Flashmobs und Musik

Seit Sonntag vor einer Woche, dem Tag vor Putins Vereidigung zu seiner dritten Amtszeit als Staatsoberhaupt, gibt es täglich Demonstrationen in der Hauptstadt. Nachdem die Polizei eine nicht genehmigte Demonstration gewaltsam aufgelöst und mehr als 400 Menschen festgenommen hatte, organisieren die Demonstranten sogenannte Flashmobs: Plötzlich und unangekündigt tauchen sie an einem markanten Platz im Stadtzentrum auf, errichten ihr Lager und bleiben über Nacht. Tausende Menschen deklarierten ihren Protest um: Sie blieben singend und Gitarre spielend auf den Straßen.

Aktionen am Donnerstagabend waren die ersten, bei denen keine Festnahmen gemeldet wurden. Zuvor waren zwei bekannte Oppositionspolitiker, der Blogger Alexej Nawalni und der linksgerichtete Politiker Sergej Udalzow, festgenommen worden. Die Demonstranten kündigten an, so lange mit ihren Protestaktionen fortzufahren, bis die beiden wieder frei seien.

Putin hatte seinen Vorgänger Dmitri Medwedew nach seinem Amtsantritt wie erwartet zum Regierungschef gemacht. Ihren Ämtertausch hatten die beiden im Herbst angekündigt. Nach den Parlamentswahlen im Dezember war es landesweit zu beispiellosen Massendemonstrationen gekommen.

dapd