Werden die Deutschen über Gebühr belastet? Die nackten Zahlen belegen, dass der Staat vor allem bei versteckten Steuern abkassiert. Das sorgt für Unmut. Droht ein Aufstand der Steuerzahler?
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© dpaÜberfordert der Staat die Bürger? Steuerzahler wehren sich gegen zu hohe Lasten.
Berlin. Immerhin geht die Rechnung der Politik auf. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Kabinettsmitglieder bekommen deutlich mehr Geld. Die Ministerrunde beschloss am Mittwoch in Berlin die erste Erhöhung der eigenen Bezüge nach zwölf Jahren. Kanzlerin, Bundesminister und Parlamentarische Staatssekretäre bekommen demnach in drei Schritten bis August 2013 insgesamt eine Gehaltsanhebung von 5,7 Prozent. Auch wenn die Anhebung legitim sein mag, wirft sie doch ein Schlaglicht auf die gegenwärtige Verteilungsdebatte. Wer bekommt für was wieviel? Und: Ist der Staat der lachende Gewinner und der Bürger der ewige Draufzahler?

Für den Bund der Steuerzahler liegt auf der Hand, dass der Bürger im wahrsten Wortsinn zur Melkkuh des Staates geworden ist. „Die deutschen Steuerzahler zahlen in diesem Jahr so viele Steuern wie nie zuvor“, sagte Verbandsvizepräsident Reiner Holznagel Handelsblatt Online. Die jüngste Steuerschätzung habe zudem gezeigt, dass die Steuerquellen weiterhin „stark sprudeln“ werden. Nicht nur Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), sondern auch seine Länderkollegen könnten sich über gut gefüllte Kassen freuen. „Umso unverständlicher ist es, dass gerade einige Bundesländer den Abbau der kalten Progression im Bundesrat verhindert haben“, kritisierte Holznagel. „Auch die kalte Progression führt dazu, dass die Finanzminister deutliche Mehreinnahmen verbuchen, aber diese heimlichen Steuererhöhungen sind ungerecht und müssen schnellstmöglich abgebaut werden.“ Gerade kleinere und mittlere Einkommen würden vom Abbau der kalten Progression profitieren.

Nach Angaben des Steuerzahlerbundes wird der Staat allein in diesem Jahr 8,5 Milliarden Euro zusätzlich über heimliche Steuererhöhungen einnehmen. Bei einem durchschnittlichen Lohn- und Einkommensanstieg von drei Prozent könnte demnach dieser Betrag für 2012 erwartet werden. 2011 hat der Fiskus durch diese heimlichen Steuererhöhungen rund 4,5 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen. Der Steuerzahlerbund versteht unter heimlichen Steuererhöhungen die kalte Progression sowie die Steuererhöhungen aufgrund der allgemeinen Einkommensentwicklung.

Wie der Steuerzahlerbund für das Hamburger Abendblatt berechnet hat, muss ein Ehepaar mit einem gemeinsamen zu versteuernden Einkommen von 40.000 Euro im Jahr 2010 nach Lohnsteigerungen von rund 6,4 Prozent (3,3 Prozent 2011 und 3,1 Prozent 2012) im Jahr 2012 insgesamt 696 Euro mehr Einkommenssteuer inklusive Solidaritätsbeitrag zahlen. Damit führt eine Lohnsteigerung um 6,4 Prozent zu einer Erhöhung der Steuerlast um 12,88 Prozent, so die Berechnung. Gut die Hälfte davon (350 Euro) resultiert aus heimlichen Steuererhöhungen. Der Staat kassiert demnach überproportional bei jeder Lohnsteigerung ab.