Das Blutbad von al Hula geht allen Anschein nach auf das Konto von Assads Schergen. Die Welt ist empört. Doch die Menschen in Syrien haben die Hoffnung auf ein Ende des Terrors längst aufgeben.


Den UN-Beobachtern, die am Samstag in Al Hula in der syrischen Provinz Homs eintrafen, bot sich ein erschütterndes Bild. In weiße Tücher gehüllt, lagen in einem Raum nebeneinander die Leichen von Dutzenden Menschen, bereits vorbereitet für das Begräbnis. Videos, die Aktivisten ins Internet stellten, zeigen die Szene. Ein Blauhelm schreitet die Reihe der Toten ab. Aufgebrachtes Stimmengewirr schlägt ihm entgegen. Nur die Köpfe der Toten sind zu sehen. Etwa jede dritte Leiche ist ein Kind.

Gestorben waren sie am Tag zuvor, bei einem Angriff der Truppen des mit brutaler Gewalt herrschenden Autokraten Baschar al Assad auf den Ortsteil Taldo. Eigentlich werden Tote im Islam möglichst noch am selben Tag begraben. Die Bewohner von Taldo warteten, damit die UN-Beobachter die Leichen zumindest noch sehen und zählen konnten. Mehr als 90 sind es.

Ihnen blieben die schlimmsten Bilder erspart, die es allerdings weiterhin m Internet-Kanal "Youtube" zu sehen gibt. Das Grauen ist in den körnigen Videos der Aktivisten dokumentiert: blutverschmierte Kinder, verstümmelte Kinder, Kinder mit Projektileinschlägen im Kopf.

Entsetzen und Empörung weltweit

Das Massaker hat inzwischen weltweit für Entsetzen und Empörung gesorgt. Über den genauen Hergang kursieren immer noch widersprüchliche Berichte. Ein syrischer Aktivist, dessen Eltern das Blutbad mit Glück überlebt hatten, berichtete der Deutschen Presse-Agentur , dass massives Artilleriefeuer der Assad-Truppen die Verheerung angerichtet habe. Zuerst sei die wöchentliche Protestkundgebung gegen das Regime unter Feuer genommen worden, danach habe es stundenlang Granaten und Raketen auf die Wohnhäuser geregnet.

Andere Aktivisten stellten es wiederum so dar: Assad-Truppen feuerten mit Maschinengewehren auf die Protestdemonstration. Daraufhin schossen Rebellen der Freien Syrischen Armee auf die Schützen. Woraufhin die hinter ihnen stationierte Artillerie auf die Wohngebiete gefeuert und die gefürchteten regimetreuen Schabiha-Milizionäre wahllos Dorfbewohner massakriert hätten. Der klassische Fall: Unbewaffnete Zivilisten geraten zwischen die Fronten.

Regime spricht von "terroristischen Banden"

Die Propaganda-Maschinerie in der Hauptstadt Damaskus tischte am Sonntag eine ganz andere Version auf. Demnach hätten die Truppen Assads keinen einzigen Schuss abgefeuert. Vielmehr seien es "terroristische Banden" und Angehörige des Terrornetzwerks al Kaida gewesen, die das Blutbad in al Hula angerichtet hätten.

Und was sagen die UN-Beobachter? Robert Mood, der Chef der 275-köpfigen UN-Mission in Syrien, wählte seine Worte im Interview mit al Dschasira mit Bedacht. "Die Umstände, die zu diesem tragischen Sterben führten, sind noch unklar", sagte er. Von einem Massaker wollte er noch nicht sprechen. Doch wer auch immer Gewalt zum Erreichen seiner Ziele anwende, "führt dieses Land einen Schritt näher an den Bürgerkrieg heran".


Kommentar: Dies wird leider genau das Ziel sein, um zusätzlich Rechtfertigungen zu schaffen für einen militärischen Eingriff von Außen. Assad wird sicherlich darüber Bescheid wissen, wenn er solche traurigen Aktionen in die Wege leiten würden, was für Konsequenzen drohen könnten. Die Frage lautet wie immer, cui bono?


Annans Friedensplan liegt in Scherben

An diesem Montag soll der Syrien-Vermittler von UN und Arabischer Liga, Kofi Annan, nach Damaskus kommen. Vielleicht hat er dann schon mehr Erkenntnisse über die Schuldigen am Tod der Erwachsenen und Kinder aus al Hula im Gepäck. Sein Friedensplan, der auf einer Waffenruhe und anschließenden vertrauensbildenden Maßnahmen beruht, liegt in Scherben.

Die Verzweiflung der Opfer der Regime-Gewalt wächst indessen. Bei den Kundgebungen nach dem Massaker tauchten Plakate auf, auf denen geschrieben stand: "Annan, Deine Hände sind mit dem Blut von Kindern befleckt, und Du hast Dich zum Komplizen bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemacht."

Gregor Mayer, DPA