Bericht: Auch Kardinal soll in Affäre verwickelt sein - Butler von Papst Benedikt XVI. festgenommen
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Rom. Der mit dem "Vatileaks"-Fall ausgelöste Skandal um Machtkämpfe, Intrigen und Korruption innerhalb der höchsten Führungszirkel der katholischen Kirche droht sich auszuweiten. Nach der filmreifen Festnahme des Butlers von Papst Benedikt XVI. berichteten die Zeitungen Corriere della Sera und Il Messaggero am Montag von der mutmaßlichen Verwicklung eines Kardinals.

Der wegen des Verdachts auf Preisgabe vertraulicher Dokumente festgenommene Kammerdiener könne nicht alleine gehandelt haben, schrieben die Blätter. Ein nicht näher genannter Kardinal habe in dem Skandal eine wichtige Rolle gespielt. Ein Vatikan-Sprecher wies die Medienberichte zurück.

Im Zwielicht steht zunächst der Butler. Der Vatikan bestätigte am Samstag die Festnahme von Paolo G. Er soll der Maulwurf im "Vatileaks"-Fall sein. Es sei eine traurige Entwicklung für das gesamte Personal, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. Jeder im Vatikan kenne G. Seine Festnahme habe natürlich für Überraschung und Kummer gesorgt. G. habe sich bereits mit seinen beiden Anwälten beraten. Das Rechtssystem des Vatikans nehme jetzt seinen Lauf, Ermittlungen seien eingeleitet worden. Anklage gegen G. wurde noch nicht erhoben.

G. war am Mittwoch in seinem Haus im Vatikan festgenommen worden. In seinem Besitz hätten sich als vertraulich eingestufte Dokumente befunden, sagte Lombardi. G. war seit 2006 der persönliche Diener Benedikts und zählte zum engsten Kreis des päpstlichen Haushalts. In der Öffentlichkeit war er oft an der Seite des Papstes zu sehen, etwa wenn er diesen zu seinen Generalaudienzen begleitete oder versuchte, den Pontifex vor dem Regen zu schützen.

Der Anwalt des Verdächtigen sagte am Montag, sein Mandant habe im Zuge der Ermittlungen "volle Kooperation" angekündigt. G. wolle, dass die Wahrheit ans Licht komme und werde alle Fragen beantworten, sagte Carlo Fusco. Die Stellungnahme dürfte Befürchtungen nähren, wonach bald auch ranghöhere Vaikan-Vertreter ins Zwielicht geraten könnten.

In den vergangenen Monaten waren Unterlagen aus dem Vatikan an die Presse gelangt, die auf Machtkämpfe hindeuteten sowie Korruptionsvorwürfe enthielten, die Kardinäle berührten. So wurde ein Geistlicher nach der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten den Berichten zufolge nach Washington versetzt.


Kommentar: Die katholische Kirche ist (mal wieder) nach diesen Berichten alles andere als im Reinen mit sich selbst. Aber wen wundert es und möchte den Worten des Papstes noch glauben?


In einem anderen Fall hatten Vertreter des Vatikans den Präsident der Vatikanbank, Ettore Gotti Tedeschi, beschuldigt, vertrauliche Dokumente weitergeleitet zu haben. Er wurde am Donnerstag vom Vorstand abgelöst. In einem Memorandum, das der Nachrichtenagentur AP am Samstag vorlag, übte die Vatikanbank scharfe Kritik an Tedeschi und legte die Gründe für dessen Amtsenthebung dar: Er sei regelmäßig den Vorstandstreffen ferngeblieben, habe in der Ausübung seiner Amtspflichten versagt, die Bank nicht verteidigt und das Personal polarisiert. Auch habe er "zunehmend unberechenbare Verhaltensweisen" an den Tag gelegt, hieß es.

Zu seiner Demontage äußerte sich Tedeschi bislang nicht. Dazu hege er eine zu große Bewunderung für den Papst, erklärte er. Anders als im Fall Paolo G. wurde Tedeschi nicht festgenommen.

In Anspielung auf die Veröffentlichung geheimer Unterlagen des US-Außen- sowie des Verteidigungsministeriums auf der Enthüllungsplattform Wikileaks sorgt der Skandal auch unter dem Namen "Vatileaks" für Furore. Ausgeweitet hatte sich der Skandal vergangene Woche mit dem Erscheinen des Buches "Seine Heiligkeit" des italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi. In dem Buch wird aus vertraulichen Briefen und Mitteilungen von und an Benedikt sowie seinen persönlichen Sekretär berichtet. Der Vatikan hatte das Buch als kriminell bezeichnet und rechtliche Schritte gegen den Autor, den Verleger sowie denjenigen angekündigt, der die Dokumente weitergegeben hatte.

Nuzzi sagte, Informanten im Vatikan hätten ihm die geheimen Informationen zugespielt. Der Vatikan hatte Nuzzi bereits mit rechtlichen Schritten gedroht, nachdem er Anfang des Jahres Briefe von Kardinalstaatsekretär Tarcisio Bertone veröffentlicht hatte. Darin bat dieser Benedikt, ihn nicht wegen des Aufdeckens eines mutmaßlichen Korruptionsfalls zu versetzen. Das Verhältnis zwischen Benedikt und Bertone soll sehr gespalten sein. Dieser soll von der Kurie nie akzeptiert worden sein - und der Papst insgeheim schon nach einem geeigneten Nachfolger für Bertone suchen.

Der 77-Jährige hatte keinerlei diplomatische Erfahrung, als er den Job als Nummer zwei im Vatikan annahm. Er wird für eine Reihe von Schnitzern verantwortlich gemacht und soll sich dafür den Unmut der Kurie zugezogen haben. So soll sich Kardinal Paolo Sardi, der Vorgänger Bertones, beim Papst 2009 in einem Brief über die fehlende Koordination und das Chaos im Machtzentrum des Vatikans beschwert haben. Nuzzi hatte diesen Brief in seinem Buch abgedruckt.

Für den Vatikan kommen die jüngsten Chaostage zur Unzeit, wollte er doch vor allem der Finanzwelt demonstrieren, im Kampf gegen Geldwäsche internationalen Normen zu folgen. Schon im Juli wird der Vatikan erfahren, ob er den vom Überwachungsgremium des Europarats (Moneyval) festgelegten Kriterien für finanzielle Transparenz gerecht wird.

AP/dapd